Stuttgart/Herrenberg 07.02.2024 Digitalisierung ist neben Gemeinwohlorientierung und Quartiersentwicklung Schlüssel zur Lösung gesellschaftlicher Probleme. Das zeigt eine aktuelle Studie „Wirkungsvolle Zukunft der Wohlfahrtspflege“ der Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship (SIBE), Herrenberg im Auftrag des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg, die jetzt den über 900 Mitgliedsorganisationen vorgestellt wurde. Die Studie beleuchtet Lösungsansätze vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Bereich der Wohlfahrtspflege, insbesondere im Hinblick auf den demografischen Wandel, die zunehmende Digitalisierung und den Fachkräftemangel. Dazu wurden 284 Mikrotrends aus insgesamt 29 Ländern, Impulse von 12 Expert*innen und 30 Seiten Tiefenanalyse zu ausgewählten Themenstellungen ausgewertet.
Förderung von Digitalisierung in der Sozialwirtschaft ist zwingend
Sozialpolitische Vorständin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg, Uta-Micaela Dürig, unterstrich: „Mit der global angelegten Studie haben wir wichtige Impulse zusammengetragen. Insbesondere zeigt sich, dass die maßgeblichen Erfolgsfaktoren zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen Digitalisierung, eine verstärkte Gemeinwohlorientierung und Quartiersentwicklung sind. Ein spezifisches Investitionsprogramm für mehr Digitalisierung in der Sozialwirtschaft ist ein Muss, wenn wir Menschen zu mehr Lebensqualität verhelfen, dem Personalmangel begegnen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land stärken wollen. Investitionen in die Soziale Arbeit sind Zukunftsinvestitionen.“ Daran zu sparen, sei kontraproduktiv: „Die globale Studie zeigt, dass sich Investitionen in Soziale Arbeit rechnen, weil auch gesellschaftliche Folgekosten eingespart werden können. Der Social Return on Investment (SRoI) ist messbar!“, so Dürig.
„Zur Nutzung der enormen Chancen durch den Einsatz von KI und Digitalisierung in der Sozialen Arbeit braucht die Sozialwirtschaft aber eine entsprechende Förderung: Ein Sozialer Digitalisierungs-Pakt ist für die Sozialwirtschaft dringend notwendig. Mit der erforderlichen finanziellen Unterstützung kann dann Digitalisierung verstärkt erprobt und schneller eingesetzt werden, wie wir dies im Ausland längst sehen“, so die Vorständin. Das kürzlich eröffnete zweite KI-Studio in Stuttgart sei ein wichtiger Schritt zum Wissensaufbau, reiche aber nicht, um Digitalisierung flächendeckend einsetzen zu können.
Dr. Ineke Blumenthal, Projektleiterin der Studie, sagte: „Die Studie zeigt auf, dass die Digitalisierung die freie Wohlfahrtspflege vielfältig bei der Zukunftsgestaltung unterstützen kann. Gleichzeitig legen die Ergebnisse nahe, dass es weiterhin entscheidend auf den Menschen ankommt und wie er neue Möglichkeiten der digitalen Infrastruktur einsetzt, um Gemeinschaft aktiv zu gestalten. Es scheint nur konsequent, Digitalisierungspotenziale gemeinsam mit den vielfältigen Akteuren der freien Wohlfahrtspflege in verschiedensten Projekten zu erschließen.“
Die Kernergebnisse und Beispiele der Studie sind:
Digitalisierung/Digitale Hilfsmittel
- Digitale Hilfsmittel bieten insbesondere Potenzial, Akteure im Wohlfahrtssystem zu entlasten, Personalgewinnung und -bindung zu fördern sowie Rekrutierungsvorhaben zu unterstützen:
- Personalbindung und –gewinnung
- Die Onboarding-App aus Österreich insbesondere für neue mobile Pfleger*innen in der ambulanten Pflege: Alle wichtigen Informationen sind komfortabel über die App mobil erhältlich und direkte Hilfestellungen abrufbar bzw. direkte Unterstützung erhältlich. Damit ist niemand insbesondere in den ersten Wochen allein und Unsicherheiten werden gerade zu Beginn der Tätigkeit minimiert, weil beispielsweise Wissensmanagement bis Kontaktdaten zu allen Kolleg*innen direkt abrufbar sind.
- Attraktivität als Arbeitgeber:
- Der Einsatz von Virtual Reality zur Darstellung von Einrichtungen, der reale Begebenheiten und Alltagssituationen erlebbar macht und ermöglicht, teils auch schon in Kontakt mit dem jeweiligen Arbeitsteam in Alltagssituationen zu kommen.
- Digitalisierung in der Pflege
Insbesondere für die häusliche Pflege und Betreuung werden zunehmend Services über digitale Anwendungen organisiert und intelligente Produkte sowie vernetzte technische Systeme entwickelt wie z. B. Roboterlösungen; Ziel dabei vor allem: den stationären Betreuungsbedarf zu reduzieren und möglichst lange die Selbständigkeit bis ins hohe Alter zu fördern; dies wird beispielsweise unterstützt durch ein vernetztes, intelligentes Management der Schnittstellen zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
- Es gibt einen amerikanischen KI-Ansatz für einen intelligenten Schrank für Demenzkranke oder auch virtuelle Assistent*innen für pflegende Angehörige.‘
- Künstliche Intelligenz unterstützt bei Planung, Diagnose, Prävention; KI-Anwendungen zielen beispielsweise darauf ab, das Wohlbefinden zu prüfen und zu verbessern sowie Entscheidungen zu unterstützen und zu beschleunigen; gerade auch Big Data-Anwendungen für verschiedene Lebensphasen und Krankheitsbilder entstehen zur Zeit weltweit mit großem Potenzial und in rasantem Tempo, insbesondere von Unternehmen aus dem IT-Sektor, aber auch lokal, teils von gemeinnützig agierenden Initiativen, die ganz pragmatische Ansätze gestalten und einführen.
- Der Zugang zu verschiedenen Ärzt*innen und Heilberufen wird durch digitale Lösungen unterstützt und ortsunabhängig möglich.
- Echtzeit-Sprachübersetzung unterstützt die Integration und den schnelleren Einsatz ausländischer Arbeitskräfte sowie bei der Dokumentation in z.B. Pflegeeinrichtungen
Gemeinwohlorientierung:
- Die Gestaltung der Wohlfahrt und die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen werden zunehmend in vielen Ländern der Welt als gemeinschaftliche Aufgabe einer Gesellschaft angesehen, somit im Zusammenspiel aller Sektoren.
Quartiersentwicklung:
- Weltweit entstehen Lösungsansätze zur Entwicklung von Unterstützungsnetzwerken im Quartier und spezifische Quartiersentwicklung, um gesellschaftliche Herausforderungen trotz Fach- und Arbeitskräfteentwicklung sowie demografischen Wandels begegnen zu können.
Mikrotrends geben Impulse für Veränderungen und Innovationen
„Ziel der Studie ist es nicht, die Zukunft vorherzusagen, sondern sich systematisch und wissenschaftlich fundiert mit sogenannten Mikrotrends auseinanderzusetzen. Dies sind erste konkrete Anzeichen für Trends, die sichtbar werden in konkreten Anwendungsfällen. Letztlich hilft die Auseinandersetzung mit Mikrotrends und durch Handeln in der Gegenwart, die Zukunft zu gestalten, die wir uns wünschen“, sagt Heiko von der Gracht, Professor für Zukunftsforschung, der den Projektprozess und die Methodik der Studie begleitet hat.
Hintergrund zur globalen Forschungsstudie „Wirkungsvolle Zukunft der Wohlfahrtspflege“
Die Erhebung der globalen Forschungsstudie wurde in der Zeit von Mitte Mai 2023 bis Ende Dezember 2023 erstellt. Auf Basis der Ergebnisse werden nun ab Februar 2024 u.a. Zukunftslabore vom Paritätischen Landesverband mit internen wie externen Experten u.a. vom baden-württembergischen Landeszentrum für Pflege und Digitalisierung durchgeführt, um konkrete Ableitungen und Vorgehensweisen zu definieren.
Die Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) ist seit 30 Jahren kompetenter Partner für Business Management & Leadership. Mit der Erfahrung aus über 5.000 realisierten Projekten unterstützen wir Unternehmen dabei, Innovationsimpulse und -ideen zur Umsetzung inkrementeller, radikaler und disruptiver Lösungen zu gestalten. Die SIBE steht für eine erfolgreiche, lösungsorientierte Projektbegleitung und Studienprogramme für ein nachhaltiges, bedarfsgerechtes Talentmanagement. Weiter Infos unter www.steinbeis-sibe.de
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. In den kommenden Jahren wird sich der Paritätische Baden-Württemberg verstärkt drei Strategiefeldern widmen: - Zusammenhalt in einer vielfältigen, inklusiven und offenen Gesellschaft - zukunftsfähige Lebensräume - Soziale Innovationen. Ihm sind in Baden-Württemberg über 900 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche.