Info SM BaWü: Hygieneverantwortliche Personen/Verwendung v. Desinfektionsmitteln

Fachinformation - geschrieben am 21.03.2023 - 13:57

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg bitte am 21.03.2023 im Sinne der Infektionsprävention um Beachtung der folgenden Informationen:

 

1. Hygieneverantwortliche Person nach § 35 Absatz 1 IfSG

Nach § 35 Absatz 1 Satz 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) müssen u.a. voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe in Hygieneplänen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festlegen und unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt. Nach § 35 Absatz 1 Satz 6 IfSG haben die Einrichtungen ferner bis einschließlich 7. April 2023 eine oder mehrere verantwortliche Personen zu benennen, die u.a. sicherstellen, dass Hygieneanforderungen eingehalten werden. Dabei sind die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe sowie die einrichtungsspezifischen Hygienepläne zu berücksichtigen.

Die Landesregierungen haben entsprechend der Änderung des IfSG vom 16. September 2022 nach § 35 Absatz 3 IfSG durch Rechtsverordnung für die Einrichtungen die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung, Erfassung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten zu regeln. Dabei sind u.a. Regelungen zu treffen über die erforderliche personelle Ausstattung mit hygienebeauftragten Pflegefachkräften oder Hygienefachkräften. Die entsprechende Verordnung für Baden-Württemberg wird u.a. aufgrund des erforderlichen Zeitraums für das Rechtsetzungsverfahren nicht nahtlos an die Regelung nach § 35 Absatz 1 Satz 6 anschließen.

Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass eine klare einrichtungsinterne Aufgabenzuteilung sowie vorab festgelegte Ansprechpersonen für die Gesundheitsämter das Hygienemanagement und die Beratung durch die Gesundheitsämter erheblich erleichtern. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir Ihnen, auch nach dem 7. April 2023 bis zum Inkrafttreten der Verordnung des Landes nach § 35 Absatz 3 IfSG an der bzw. den benannten hygieneverantwortlichen Person bzw. Personen festzuhalten.

 

2. Auswahl von Desinfektionsmitteln

Die seit 2013 geltende Biozid Produkte-Verordnung regelt europaweit z.B. durch entsprechende Zulassungskriterien oder Kennzeichnungspflichten das Inverkehrbringen und die Verwendung auch von Desinfektionsmitteln. Bei der Bewertung der Desinfektionsmittel stehen im Rahmen der Prüfung für die Zulassung die Gefahren für die Umwelt und eine mögliche Gefährdung des Menschen im Mittelpunkt. Zudem genügen für die Zulassung als Biozid im Sinne der EU-Biozid-Produkte-Verordnung Gutachten, die der Hersteller selbst angefertigt hat.

Für die spezifischen Anforderungen der Infektionsprävention in infektionshygienisch sensiblen Bereichen und Einrichtungen sollten aus fachlicher Sicht nach Auffassung des Landes jedoch weitergehende Kriterien berücksichtigt werden. Zu den infektionshygienisch sensiblen Bereichen und Einrichtungen zählen die in § 23 Absätze 3 bzw. 5 IfSG genannten Einrichtungen sowie die Einrichtungen der Pflege gemäß § 35 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 3 IfSG (hierunter fallen auch die Einrichtungen der Eingliederungshilfe). Diese unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt und haben in einem Hygieneplan innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene festzulegen, die u.a. eine detaillierte Beschreibung und Festlegung der Desinfektionsmaßnahmen umfassen. Ein wesentliches Kriterium der in diesem Zusammenhang relevanten spezifischen Anforderungen an Desinfektionsmittel ist die herstellerunabhängige Prüfung (zwei Prüfberichte zweier unabhängiger Labore/ Institute) der Produkte in Bezug auf die konkrete desinfizierende Wirksamkeit.

Träger und Einrichtungsleitungen sind nach § 35 Absatz 1 IfSG dazu verpflichtet, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und der Pflegewissenschaft notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern zu vermeiden. Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft oder der Pflegewissenschaft im Hinblick auf die Infektionsprävention im Rahmen der Durchführung medizinischer oder pflegerischer Maßnahmen wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe nach § 23 Absatz 1 beachtet worden sind.

In Hinblick auf die Auswahl der in infektionshygienisch sensiblen Bereichen und Einrichtungen verwendeten Hände- und Flächendesinfektionsmittel liegen die folgenden auszugsweise wiedergegebenen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) vor:

  • KRINKO-Empfehlung „Händehygiene in medizinischen Einrichtungen“ 2016: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Haendehyg_Rili.pdf?__blob=publicationFile  
    „Für die hygienische Händedesinfektion sind Alkohol basierte Formulierungen einzusetzen [Kat. IB]… Für die Auswahl der Präparate gewährleistet die Desinfektionsmittelliste des VAH die Erfüllung der Anforderungen an die Wirksamkeit [Kat. IB/ Kategorie IB: Diese Empfehlung basiert auf klinischen oder hochwertigen epidemiologischen Studien und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen.“
     
  • KRINKO-Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ 2022: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Flaeche_Rili.pdf?__blob=publicationFile
    „Desinfektionsmittel-Liste des Verbundes für Angewandte Hygiene e. V.(VAH): Sie enthält die Zusammenstellung aller Produkte, die zum jeweiligen Erscheinungstermin ein gültiges Zertifikat des VAH besitzen. Dieses wird ausgestellt, wenn die von der Desinfektionsmittel-Kommission veröffentlichten Anforderungen an die Wirksamkeit erfüllt sind. Dazu werden die Gutachten und Prüfberichte einem Bewertungsverfahren durch herstellerunabhängige Sachverständige unterzogen. Der Nachweis der Wirksamkeit für den jeweiligen Verwendungszweck sowie die angegebenen Konzentrationen und Einwirkzeiten (EWZ) basieren auf mindestens zwei Gutachten mit den dazugehörigen Prüfberichten über Untersuchungen, die auf wissenschaftlich begründeten Prüfmethoden beruhen, die vom VAH oder der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. (DVV) entwickelt wurden oder den einschlägigen europäischen Normen entsprechen.“

Die Verwendung eines Desinfektionsmittels mit CE Kennzeichnung/ Zulassung im Rahmen der Biozid-Verordnung ist mithin in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich zulässig. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass nicht VAH-gelistete Präparate nicht zwingend herstellerunabhängig z.B. auf Wirksamkeitsspektrum und Anwendungsbereich geprüft wurden. Beim Einsatz solcher Präparate kann es durch z.T. deutlich längere Einwirkzeiten unbeabsichtigt zu Fehlern bei der Anwendung durch das Personal kommen. Ebenso kann das Ausbruchsrisiko in Einrichtungen gemäß § 35 IfSG bei Verwendung nicht gelisteter Desinfektionsmittel ansteigen, da die Präparate u.U. nur eingeschränkte Wirkbereiche aufweisen. Bei korrekter Verwendung von VAH-gelistete Produkten kann indes vermutet werden, dass der Stand der medizinischen Wissenschaft gemäß § 35 IfSG eingehalten wird.

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