Pressekonferenz des Aktionsbündnis "Suchtberatung retten!"

Fachinformation - geschrieben am 21.04.2023 - 14:31

Heidelberg 21.04.2023
Heute fand in Heidelberg der Auftakt des neuen landesweiten Aktionsbündnisses "Suchtberatung retten!" statt. Die insgesamt 116 beigetretenen Einrichtungen sehen die ambulante Suchthilfe in Baden-Württemberg in akuter Gefahr und fordern eine sichere Finanzierung. Grund ist eine seit Jahren unzureichende und stagnierende Landesförderung und damit chronische Unterfinanzierung der Träger. Hieraus entstand den Einrichtungen ein immer größer werdendes Defizit, das jetzt zu einem Rückbau der gesamten Versorgungsstruktur für suchtkranke Menschen zu führen droht.

Eine Erhöhung der Landesförderung für die Ambulante Suchthilfe in Baden-Württemberg ist im Landeshaushalt für 23/24 gekippt worden – wie geht es weiter?

Das Aktionsbündnis „Suchtberatung retten“ fordert die Berücksichtigung im Nachtragshaushalt.
Wir fordern die Landesregierung auf, den Rückbau des ambulanten Versorgungsnetzes der Suchthilfe jetzt aufzuhalten.

Unsere Forderungen:

1. Die Grundversorgung durch die ambulanten Suchtberatungsstellen muss stabil und verlässlich finanziert werden. Um einen Rückbau 2023/2024 zu verhindern, muss der Landesanteil der Fachkraftfinanzierung auf 25.000 € erhöht werden.

2. Der Eigenanteil der Träger muss zukünftig stabil im Bereich von 10 bis 15 Prozent liegen.

Die Politik schreibt immer neue Aufgaben in das Aufgabenbuch der Suchtberatungsstellen: Ausbau der Präventionsangebote angesichts der geplanten Cannabisregulierung, niederschwellige Zugänge zu Suchtberatung erweitern, genderspezifische Versorgungsangebote oder Angebote für neue Problembereiche wie Mediensucht.
In rund 100 Suchtberatungsstellen finden jährlich mindestens 50.000 Menschen in Baden-Württemberg Hilfe. Die Suchtberater*innen sorgen dafür, dass Chronifizierungen von Suchterkrankungen vermieden werden, Arbeitsplätze und Wohnungen erhalten bleiben, sozialer Ausgrenzung und Isolation vorgebeugt wird. Sie sichern die soziale Teilhabe für Betroffene und den sozialen Frieden vor Ort. Dazu tragen die ambulanten Beratungsdienste mit ihren Kontaktläden, Tagestreffs, Sprechstunden, Substitutionsbegleitung und Beschäftigungsangeboten einen ganz erheblichen Anteil bei.

1 Euro investiert in Suchtberatung spart 17 Euro öffentliche Gelder ein!

Während die Kommunen in den vergangenen Jahren ihren Finanzierungsanteil entsprechend der gewachsenen Bedarfe überwiegend angepasst haben, ist der Finanzierungsanteil des Landes seit 1999 auf 17.900 Euro pro Fachkraftstelle eingefroren.
Der Eigenanteil der Träger der Suchthilfe ist von ursprünglich ca. 10 Prozent inzwischen auf 30 Prozent im Schnitt angestiegen.
Bleibt es bei der Finanzierungslage, wird es einen Rückgang der Leistungsangebote geben. Personalabbau droht. Insbesondere die niederschwelligen Angebote wie Kontaktläden, Safer Use Angebote und Streetwork müssten zurückgefahren werden. Wartezeiten auf Beratungstermine werden zunehmen. Die Versorgungssituation für Menschen mit Suchtproblemen im Land wird erheblich verschlechtert

Hintergrundinformation zum Aktionsbündnis: Suchtberatung retten!
Als Reaktion auf die Ablehnung der Erhöhung der Landeszuschüsse für die Ambulante Suchthilfe durch die Landesregierung haben Ende Februar 2023 vier Vertreter*innen der professionellen Suchthilfe und der Sucht-Selbsthilfe einen Aufruf zur Gründung des Aktionsbündnisses veröffentlicht. Das Ziel ist Öffentlichkeit zu schaffen für die akut gefährdete Versorgungsstruktur und der Forderung Nachdruck zu verleihen, dass der Rückbau der Versorgungsstruktur jetzt durch eine sichere zukunftsfähige Finanzierung der ambulanten Suchthilfe abgewendet werden muss. Innerhalb von vier Wochen sind 96 Einrichtungen der Suchthilfe dem Bündnis beigetreten.

Hintergrundinformation zur Finanzierung der Suchthilfe
Die Finanzierung der Suchtberatungsstellen erfolgt durch eine Grundfinanzierung der Kommunen (55-60%), einen Zuschuss des Landes BW (17.900 € pro Fachkraft, ca. 20 %), und wird ergänzt durch Eigenmittel der Träger (20-25%).
Die Kommunen haben ihren Anteil meist um die tariflichen Steigerungen angepasst, während die Landeszuwendung seit über 20 Jahren nicht erhöht wurde. Der Eigenanteil der Träger wächst dadurch ständig uns verursacht ein wachsendes strukturelles Defizit.
Die Situation verschärft sich extrem durch die strukturelle Erhöhung im Sozial- und Erziehungsdienst (ab 01.07.2022) und der ab 01.01.2023 umzusetzenden allgemeinen Tariferhöhung. Die Kostensteigerungen pro Fachkraft belaufen sich auf 3.500 - 4.000 €, d.h. durchschnittlich auf 16.000 - 20.000 € pro Einrichtung.
Die Kostensteigerungen ohne angemessene Refinanzierung sind nicht länger tragbar, daher wurde Anfang 2022 die Erhöhung der Landesmittel von 17.900 € auf 25.000 € pro Fachkraftstelle beantragt, aber leider im Doppelhaushalt 23/24 nicht berücksichtigt.

 

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