Stellungnahme der BAGFW zu Maßnahmen im Elterngeld

Fachinformation - geschrieben am 20.04.2020 - 13:30

 

Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zu den gesetzlichen Maßnahmen im Elterngeld aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2

Die BAGFW bedankt sich für die Möglichkeit, zum vorliegenden Referentenentwurf Stellung zu nehmen.

Das Elterngeld sichert die wirtschaftliche Existenz der Familien bei Geburt eines Kindes.

Die BAGFW begrüßt es daher, dass mit den geplanten Änderungen die Elterngeldrege- lungen der aktuellen Situation angepasst werden, um die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch in und nach der Corona-Krise zu gewährleisten.

Im Einzelnen:


1.    Aufschub des Elterngeldbezuges (§ 27 Abs. 1 BEEG)

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Eltern, die in sogenannten systemrelevanten Bran- chen und Berufen arbeiten, ihre Elterngeldmonate aufschieben können.

Die BAGFW begrüßt diese Regelung, um Eltern im Elterngeldbezug oder vor Antritt des Elterngeldbezuges einen Anreiz zu bieten, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen oder tätig zu bleiben, ohne einen Nachteil im Elterngeld zu erfahren. Ausdrücklich wird die Klar- stellung begrüßt, dass es für ein Verschieben des Partnerschaftsbonus genügt, wenn nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt.

Die BAGFW weist aber darauf hin, dass der Maßstab für die Zuordnung von Tätigkeiten zu systemrelevanten Bereichen und Berufen nach der Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Infor- mationstechnik (BSI-Gesetz) und den entsprechenden Landesgesetzen nicht bundeseinheitlich ist und von Bundesland zu Bundesland variieren kann.

Die Verordnung zum BSI-Gesetz erfasst wichtige Branchen wie beispielsweise den Pflegesektor, soziale Dienste und den Bildungsbereich (Schule, Kita) überhaupt nicht. Auch die Länderverordnungen sind unterschiedlich. Damit bleibt die Einschätzung, ob der Beruf des Elternteils systemrelevant ist, letztendlich den jeweiligen Elterngeldstellen überlassen.


BAGFW-Stellungnahme
zu den gesetzlichen Maßnahmen im Elterngeld aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2
 
Die BAGFW spricht sich daher dafür aus, dass das Ministerium per Rechtsverordnung selbst festlegt, welche Berufe als „systemrelevant“ im Sinne des Gesetzes gelten.


2.    Vertrauensschutz Partnerschaftsbonus (§ 27 Abs. 3 BEEG)

Eltern, die die Elterngeldvariante Partnerschaftsbonus nutzen, sollen ihren Anspruch nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Corona-Krise mehr oder weniger arbeiten als geplant. Die Anforderungen an den nachträglichen Nachweis der Arbeitszeit und der Höhe des Einkommens werden gelockert. Diese Regelung wird begrüßt.


3.    Keine Reduktion von Elterngeld bei coronabedingten Einkommensreduzierun- gen (§ 2b Abs. 1 BEEG)

Der Bemessungszeitraum umfasst immer 12 volle Kalendermonate und liegt vor der Geburt des Kindes, für das Elterngeld beantragt werden soll. Die genaue Lage richtet sich nach den Arten der Einkünfte des jeweiligen Elternteils und den Bestimmungen zur Ausklammerung und Verschiebung bestimmter besonderer Kalendermonate.

Hatte ein Elternteil keine Einkünfte oder nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, dann umfasst der Bemessungszeitraum zunächst die letzten 12 vollen Kalendermonate vor der Geburt des Kindes.

Die Höhe des Elterngeldes ist also abhängig vom Einkommen im Bemessungszeitraum und vom Zuverdienst während des Elterngeldbezugs.

Ausdrücklich begrüßt wird, dass ein neuer Ausklammerungstatbestand in § 2b Abs. 1 Satz 3 BEEG für Einkommensausfälle im Bemessungszeitraum eingeführt wird, um die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch nach der Corona-Krise zu gewährleisten.

Danach sollen auf Antrag bei der Ermittlung des Einkommens im Bemessungszeitraum für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 2020 auch solche Kalendermonate unberücksichtigt bleiben, in denen die berechtigte Person aufgrund von Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 ein geringeres Ein- kommen aus Erwerbstätigkeit hatte. Positiv ist außerdem, dass in der Gesetzesbegrün- dung ausdrücklich klargestellt wird, dass zu den Einkommensminderungen aufgrund von Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 auch mittelbare Änderungen der Einkommenssituation zählen, wie zum Beispiel die Re- duzierung der Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung. Die Ausklammerungsmög- lichkeit wird auf die Zeit der Krise begrenzt. Daher profitieren davon auch Schwangere, deren Entbindungstermin erst im Januar 2021 liegt. Sollten Einkommensausfälle auf- grund der Coronakrise jedoch länger entstehen, ist nachzusteuern.

 

 


BAGFW-Stellungnahme
zu den gesetzlichen Maßnahmen im Elterngeld aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2
 
Auch begrüßt wird die Vertrauensschutzregelung für teilzeiterwerbstätige Eltern, die diese vor Rückforderungen schützen, weil nach Beantragung des Elterngeldes die Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs ungeplant ausgeweitet oder redu- ziert werden musste.

4.    Anrechnung von Einkommensersatzleistungen (§ 27 Abs. 4 BEEG)

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind von Kurzarbeit oder Freistellungen be- troffen. Um die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch während des Elterngeldbezugs sicherzustellen, sollen für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020 Einkommensersatzleistungen, die durch das Coronavirus bedingte Einkommenswegfälle ausgleichen, für die Höhe des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass „insbesondere Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I“ für die Höhe des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden. Die BAGFW weist da- raufhin, dass auch diejenigen Familien von der Pandemie betroffen sind, die direkt Leistungen des SGB II beziehen, also manche Solo-Selbstständige, Menschen, die noch nicht so lange beschäftigt sind etc. Um ihre wirtschaftliche Stabilität zu sichern, dürfen auch solche Einkommensersatzleistungen nach dem SGB II, die durch das Coronavirus bedingte Einkommenswegfälle ausgleichen, für die Höhe des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden.


5.    Zeitraum der Geltung ab 1.3.2020

Die Änderungen des BEEG sollen den Zeitraum vom 1.3.2020 bis 31.12.2020 betreffen. Die Maßnahmen der Bundesregierung griffen allerdings erst ab dem 16.3., nicht schon ab dem 1.3.2020. Ab 16.3. war auch erst der Erhalt von Kurzarbeitergeld möglich. Die BAGFW schlägt insoweit vor, dass das Gesetz auch erst ab 16.3.2020 seine Wirkung entfalten kann.

 


Berlin, 14.04.2020

Bundesarbeitsgemeinschaft
der Freien Wohlfahrtspflege e. V.

Dr. Gerhard Timm Geschäftsführer


Kontakt:
Dr. Kerstin Charlotte Giese (C.Giese@drk.de) Antje Markfort (antje.markfort@caritas.de)

 

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