Stuttgart 21.10.2021 Der Sozialverband VdK Baden-Württemberg und der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg reagieren auf das veröffentlichte Sondierungspapier und fordern SPD, Grünen und FDP dazu auf, für eine umfassende Pflegereform mit mehr Personal und besseren Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte auch eine Besserstellung pflegender Angehöriger zu berücksichtigen. Die Sozialverbände drängen weiterhin auf die Fusion der privaten und gesetzlichen Pflegeversicherung in eine Pflegevollversicherung sowie einer jährlichen Anpassung des Pflegegeldes durch eine Dynamisierung aller Pflegeleistungen um 5 Prozent.
Hans-Josef Hotz, Vorsitzender des Sozialverbands VdK Baden-Württemberg:
„Pflegebedürftigkeit darf nicht zum Armutsrisiko werden. Bereits im Juli dieses Jahres mussten Pflegebedürftige für einen Heimplatz in Baden-Württemberg im Durschnitt 2.463 Euro monatlich selbst bezahlen. Damit sind die Kosten innerhalb eines Jahres um 109 Euro gestiegen. Alleine in Baden-Württemberg sind mehr als 27.000 Menschen auf Hilfe zur Pflege angewiesen! Pflegebedürftigkeit wird damit immer mehr zum Armutsrisiko, obwohl ein Hauptargument bei der Einführung war, dass genau diese Menschen nicht der Sozialhilfe zur Last fallen sollen. Wir brauchen dringend eine Pflegereform. Der solidarische Gedanke muss in Zukunft bei der Pflege im Fokus stehen – hierfür ist die Fusion der privaten und gesetzlichen Pflegeversicherung notwendig!“ So verfügt die private Pflegeversicherung bei gleichen Beitrags- und Leistungshöhen über Rücklagen in Höhe von 36 Mrd. Euro, während die gesetzliche Pflegeversicherung in eine finanzielle Schieflage geraten ist. Die Sozialverbände sehen hier einen dringenden Handlungsbedarf, da im derzeitigen System jede weitere Verbesserung in der Pflege zu einer Steigerung der Eigenanteile der Betroffenen führt. Eine Pflegevollversicherung würde die Situation deutlich entschärfen.
Die Bekämpfung des Personalmangels in der Altenpflege sehen die Sozialverbände als besondere Herausforderung für die künftige Regierungskoalition.
Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg:
„Gute Pflege braucht mehr Zeit für Pflegebedürftige. Für mehr Zeit braucht es mehr Personal. Und zur Gewinnung von mehr Personal, sind neben einer besseren Bezahlung, verlässlichen und planbaren Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch gesunde Arbeitsbedingungen erforderlich. Wir müssen die Attraktivität der Pflegeberufe steigern auch um die Abwanderung qualifizierter Pflegekräfte in andere Berufsfelder zu stoppen. Dazu gehört auch, die Kompetenzen der Pflegefachkräfte zu erweitern. Bereits heute können Pflegefachkräfte wesentlich mehr Tätigkeiten ausüben, als ihnen im Wege der Delegation ärztlicher Leistungen erlaubt ist. All diese Maßnahmen kosten Milliarden. Hierfür ist eine nachhaltige und solidarische Finanzierung erforderlich, die nicht zu Lasten der Pflegbedürftigen und ihrer Angehörigen gehen darf“
Beide Verbände appellieren an die zukünftige Koalition, pflegende Angehörige zu stärken. Hierzu gehören, in Anlehnung an Elternzeit und Elterngeld, eine bezahlte Auszeit mit einem Rechtsanspruch auf eine befristete Familienpflegezeit sowie ein „Familienpflegegeld“ in Höhe der Lohnersatzleistung wie beim Elterngeld, im Regelfall 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens, höchstens jedoch 1.800 Euro.
Die fehlenden Anhebungen der Pflegeversicherungsleistungen haben in den vergangenen Jahren zu einer immer höheren finanziellen Belastung der Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen geführt und bei ambulant Betreuten das Risiko für eine pflegerische Unterversorgung erheblich verschärft beziehungsweise die Zuzahlungen erhöht, mahnen die Sozialverbände. Es brauche eine gesetzlich vorgeschriebene, jährliche Anhebung der Pflegeversicherungsleistungen in allen Versorgungsformen, die mindestens der durchschnittlichen Bruttolohnentwicklung entspreche.
Hinweis an die Redaktionen:
Gleichlautende Pressemitteilung wird auch vom Sozialverband VdK Baden-Württemberg versendet.