VAK überreicht Positionierung zur Frauenhausfinanzierung an Ministerium

Pressemitteilung - geschrieben am 19.01.2023 - 12:42

Stuttgart 19.01.2023 Der Verbandsübergreifende Arbeitskreis Frauenhausfinanzierung (VAK) im Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg überreichte dem Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Manne Lucha, und Staatssekretärin Dr. Ute Leidig ein Positionspapier zur Förderung von Frauenhäusern. Anlass für die Übergabe war der Entwurf für ein Gesetz zur Förderung der Frauenhäuser der SPD-Landtagsfraktion, der am 25. Januar in erster Lesung im Landtag beraten wird. Die 38 unterzeichnenden Frauen- und Kinderschutzhäuser sprechen sich darin ausdrücklich für eine Finanzierungsstruktur im Rahmen eines Landesgesetzes aus. Minister und Staatssekretärin versprachen, sich auf Bundesebene für eine bundeseinheitliche gesetzliche Lösung einzusetzen. Auf Grundlage der derzeitigen geltenden Zuständigkeiten sei eine weitergehende institutionelle Förderung für Frauenhäuser durch Landesmittel aber in Baden-Württemberg nicht angezeigt. Minister Lucha kündigte an, die Frauenhäuser in die anstehende Novellierung der Verwaltungsvorschrift zur Förderung der Frauen- und Kinderschutzhäuser einzubeziehen und ihre Belange zu berücksichtigen. 

Dr. Katrin Lehmann, Referentin für Frauen und Mädchen beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg: 
Jede gewaltbetroffene Frau soll mit ihren Kindern Schutz in einem Frauenhaus erhalten können, wenn sie ihn braucht. Das europäische Übereinkommen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) fordert seine Mitgliedstaaten auf, Schutz zu gewährleisten und niedrigschwellig sowie kostenfrei bereitzustellen. Das ist in Baden-Württemberg aktuell nicht gewährleistet. Aus Sicht der Frauenhäuser im Land braucht es hierfür eine starke institutionelle und einzelfallunabhängige Finanzierung. Ein Weg zur Beseitigung der vielfältigen Finanzierungsprobleme könnte ein Landesgesetz darstellen. Insgesamt sehen wir das Land in der Verantwortung, verbindliche Regelung für die Frauenhausfinanzierung mit den Kommunen zu schaffen. 

Dr. Ute Leidig, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration:
Wir stehen fest an der Seite der Frauen, die Schutz und Hilfe brauchen. Allen Engagierten, die sich für sie einsetzen, bin ich dankbar. Das habe ich deutlich gemacht bei unserem intensiven und konstruktiven Gespräch mit den Vertreterinnen des verbandsübergreifenden Arbeitskreises Frauenhausfinanzierung. Die Stellungnahme zur Frauenhausfinanzierung habe ich mit Interesse entgegengenommen. Wir schauen uns das natürlich genau an. In den letzten Jahren haben wir die Unterstützung des Hilfesystems für Frauen und Kinder zum Schutz gegen Gewalt kontinuierlich ausgebaut. Seit wir das Sozialministerium von der SPD-Vorgängerin übernommen haben, haben wir dafür gesorgt, dass das Land überhaupt erst verstärkt in die Finanzierung des Gewaltschutzes eingestiegen ist. Die Haushaltsmittel haben wir seitdem versiebenfacht: Von 1,7 Millionen Euro im Jahr 2017 auf knapp 12 Millionen Euro in diesem Jahr, von denen etwa die Hälfte bereits heute in die Frauenhausförderung fließt. Es gibt in Baden-Württemberg ein gewachsenes, ausdifferenziertes und hochprofessionelles Frauenhilfe- und Unterstützungssystem, auf das wir zurückgreifen können. Das bauen wir aus und unterstützen es nach Kräften – gemeinsam mit den Kommunen, die für Gewaltschutz und die Unterbringung in Frauen- und Kinderschutzhäusern zuständig sind. 

Katja Schümer, Geschäftsführerin Sozialdienst katholischer Frauen Karlsruhe:
Bei rund zehn Prozent der Frauen ist die Finanzierung des Aufenthalts nicht gesichert. Das sind Frauen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben wie erwerbstätige Frauen, Auszubildende, Studierende, Schülerinnen geflüchtete Frauen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, verschiedene Gruppen von EU-Bürgerinnen und Bezieherinnen von Arbeitslosengeld I. Außerdem werden Kostenerstattungsstreitigkeiten zwischen der Herkunftsgemeinde einer Frau und dem aufnehmenden Landkreis auf dem Rücken der Frauenhäuser ausgetragen, indem zwischen Rechnungstellung und Zahlung oft viele Monate vergehen oder keine Erstattung erfolgt. Das kann sich kein Frauenhaus auf Dauer leisten.

Andrea Bosch, Autonomes Frauenhaus, Frauen helfen Frauen Stuttgart e.V.:
Um Frauen und Kinder gut im Frauenhaus versorgen zu können, benötigen die Frauenhäuser eine deutliche Erhöhung des Personalschlüssels. Viele Frauen kommen mit einem hohen Hilfebedarf aufgrund zusätzlicher vielseitiger Lebensproblematiken, angefangen von Fluchterfahrungen, Sucht- oder psychischen Erkrankungen, Schulden oder geringen Deutschkenntnissen. Mit dem gegenwärtigen durchschnittlichen Personalschlüssel von einer Sozialpädagogin auf acht Bewohnerinnen können angemessene Hilfen dafür nicht zur Verfügung gestellt werden. Auch müssen künftig in allen Frauenhäusern Kinder eine qualifizierte Begleitung erfahren. Die Gewalt an der Mutter belastet immer auch die Kinder. Das muss zum Standard in jedem Frauenhaus werden.

Pressekontakt Autonomes Frauenhaus, Frauen helfen Frauen Stuttgart e.V., Andrea Bosch, Tel. 0711 54 20 21, E-Mail: a.bosch@fhf-stuttgart.de, www.fhf-stuttgart.de 
Pressekontakt Sozialdienst katholischer Frauen Karlsruhe e.V., Katja Schümer, Geschäftsführerin, Tel 0721 91375-0, E-Mail: schuemer@skf-karlsruhe.de, www.skf-karlsruhe.de

Foto: von links nach rechts: Katja Schümer, Geschäftsführerin Sozialdienst katholischer Frauen Karlsruhe, Dr. Katrin Lehmann, Referentin für Frauen und Mädchen beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg, Dr. Ute Leidig, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, Andrea Bosch, Autonomes Frauenhaus, Frauen helfen Frauen Stuttgart e.V.
Fotoquelle: Der Paritätische Baden-Württemberg

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