Suchtverbände fordern den Ausbau spezieller Hilfsangebote für Kinder

Pressemitteilung - geschrieben am 10.02.2023 - 08:41

Stuttgart 10.02.2023   In Deutschland leben circa drei Millionen Kinder mit mindestens einem suchtbelasteten Elternteil. Das ist jedes sechste Kind. Damit sind in Baden-Württemberg ca. 250.000 Kinder unter 15 Jahren betroffen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und Suchtverbände fordern zum Auftakt der landesweiten Aktionswoche (12. – 18.02.2023) den flächendeckenden Ausbau der Hilfen für betroffene Kinder. Die Angebote müssten leicht und unbürokratisch zugänglich sein und am individuellen Bedarf des Kindes, aber auch der Familie ausgerichtet sein. Um die Einzelbegleitung und speziellen Gruppenangebote für Kinder nachhaltig zu sichern, braucht es einen verbindlichen gesetzlichen Rahmen, der gleichzeitig die Finanzierung sichert, so die Verbände.
 
„Kinder suchtkranker Eltern sind hohen psychischen Belastungen ausgesetzt. Sie erleben beim betroffenen Elternteil häufig ständig wechselnde Stimmungslagen und auch einen Mangel an Zuwendung und emotionaler Verlässlichkeit. Oft müssen sie früh Aufgaben und Verantwortung im Haushalt übernehmen und zusätzlich den Eltern noch eine emotionale Stütze sein. Dazu kommen Gefühle von Angst, Schuld und Scham gegenüber der familiären Situation. Die Gefahr dieser Kinder ist groß, später selber eine Sucht oder psychische Störungen zu entwickeln. Davon sind etwa ein Drittel betroffen“, sagt Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Um dieses Risiko zu vermindern, müssten die Hilfen früh greifen, dem individuellen Bedarf des Kindes, aber auch der besonderen Lebenssituation entsprechen sowie leicht und unbürokratisch zugänglich sein. Wichtig sei, auch in ländlichen Regionen wohnortnahe Unterstützungsangebote zu schaffen. Dazu sei ein flächendeckender Ausbau erforderlich. Zur Stabilisierung des Familienlebens und Unterstützung bei der Alltagsbewältigung müssten außerdem familienorientierte Angebote wie flexible Kinderbetreuung, Haushaltshilfen oder Fahrdienste geschaffen werden, so Hartmann.
 
„Damit Kinder aus suchtbelasteten Familien ihre schwierige Lebenssituation ohne Beeinträchtigung und schwere psychische Folgen überstehen, müssen sie darin gestärkt werden, mit ihrer Situation umzugehen und wissen, dass sie keine Schuld trifft. Das gelingt am besten unter ihresgleichen. Deshalb bieten wir neben einem therapeutischen Gesprächsangebot spezielle Kindergruppen an. Dort haben sie die Möglichkeit, ihr Schicksal mit anderen zu teilen, sich auszutauschen und ungezwungen über die Situation zuhause zu sprechen. Gleichzeitig wird dort gemeinsam gespielt, gekocht oder ein Spaziergang mit dem Hund unternommen“, erklärt Lars Kiefer, Leiter der Fachstelle Sucht Singen des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv). Bisher könnten diese speziellen Hilfen für Kinder nur über Projektmittel finanziert werden. Um das Angebot auf Dauer aufrechtzuerhalten, brauche es eine gesetzliche Regelung mit einer dauerhaften Förderung, so Kiefer.

„Neben der Schaffung einer adäquaten Hilfsstruktur wäre den betroffenen Kindern und Jugendlichen geholfen, wenn die gesellschaftliche Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen aufgelöst werden würde. Eine Veränderung, die in den Händen von uns allen liegt", erläutert Philip Gerber, Geschäftsführer vom Drogenverein Mannheim. Außerdem sollten in allen Suchtberatungsstellen im Land Koordinationsstellen zur Vermittlung von Hilfen für Kinder eingerichtet werden. Das Thema „Kinder aus Suchtfamilien“ müsse auch fester Bestandteil in den Ausbildungscurricula von Ärzten*innen, Pädagogen*innen oder Erzieher*innen werden, so Gerber.

Pressekontakt Fachstelle Sucht Singen des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv), Lars Kiefer, Leiter, Tel. 07731 / 91240-0, E-Mail: Lars.Kiefer@bw-lv.de, https://www.bw-lv.de/beratungsstellen/fachstelle-sucht-singen/

Pressekontakt Drogenverein Mannheim, Philip Gerber, Geschäftsführer, Tel. 0621 159 00, E-Mail: gerber@drogenverein.de, www.drogenverein-mannheim.de
 

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