Suchthilfe in Gefahr!

Pressemitteilung - geschrieben am 09.11.2022 - 11:10

Stuttgart 09.11.2022 Laut aktueller Suchthilfestatistik der Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg haben sich im Jahr 2021 rund 61.871 betroffene Menschen Hilfe bei den landesweit 102 Suchtberatungsstellen geholt. Damit bleibt die Inanspruchnahme der Beratungsdienste unverändert hoch. Während die Problemlagen durch Parallelkonsum diverser Suchtmittel, durch psychische Erkrankungen und soziale Belastungen immer komplexer werden, ist der Anteil an bereits seit der Pubertät Cannabis konsumierenden jungen Menschen alarmierend. Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und bwlv fordern anlässlich des Aktionstags Suchtberatung (10.11.) den Ausbau und die Förderung der Cannabisprävention für Kinder und Jugendliche sowie eine sichere Finanzierung der Suchtberatung im Land. Dazu ist eine Erhöhung der Landesmittel im Doppelhaushalt 2023/2024 in Höhe der tatsächlichen Kostenentwicklung in der Suchthilfe dringend erforderlich. Eine Stagnation des Zuschusses käme einer Mittelkürzung gleich, so die Verbände.

„Viele Suchtberatungsstellen im Land stehen mit dem Rücken zur Wand. Der massive Anstieg an Energiekosten und die steigende Inflation verschärfen die ohnehin prekäre finanzielle Situation. Die Einrichtungen sind seit Jahren unterfinanziert und arbeiten am Existenzlimit. Die derzeitige Krise darf nicht zu einem Rückbau der Suchtberatung führen. Das Land muss die Finanzierung an die aktuelle Kostenentwicklung anpassen und die Landesmittel entsprechend erhöhen“, sagt Ulf Hartmann, Vorstand des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Gleichzeitig müsse das Land auf den alarmierenden Anteil junger Menschen in der Suchtberatung reagieren, die bereits in der Pubertät begonnen haben, Cannabis zu konsumieren. Bei einem Einstieg in diesem frühen Alter sei das Risiko, eine Abhängigkeit zu entwickeln, um ein Vielfaches erhöht und Schädigungen aufgrund der nicht abgeschlossenen Gehirnentwicklung besonders wahrscheinlich. „Angesichts dieser Entwicklung müssen der Jugendschutz und gezielte Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche gestärkt, das Wissen um die Risiken zeitig vermittelt und gezielte Frühinterventionen ausgebaut und gefördert werden“, so Hartmann.

Aktuelle Tarifabschlüsse kombiniert mit stark steigenden Energiekosten und anderen inflationsbedingten Mehrkosten ergibt eine für die Suchtberatungsstellen wirtschaftlich nicht mehr tragbare Situation. In einer Situation steigender Nachfrage nach Beratung und Präventionsangeboten werden wir massiv Stellen abbauen und gegebenenfalls. Suchtberatungsstellen schließen müssen. Eine Anhebung der Landesförderung ist für die Sicherung der Suchthilfe überlebenswichtig geworden“, betont Oliver Kaiser, Geschäftsführer des Baden-Württembergischen Landesverbandes für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv). „In der Pandemie wurden die Suchtberatungsstellen als kritische Infrastruktur eingestuft. Wir haben die Versorgung suchtkranker Menschen und deren Angehörigen in den letzten zweieinhalb Jahren ohne Unterbrechung sichergestellt. Es ist fahrlässig, jetzt das wichtige Versorgungssystem zu gefährden“, so Kaiser.

 

Hintergrundinformationen

Suchthilfestatistik 2021

Für die Suchthilfestatistik 2021 der Landesstelle für Suchtfragen Baden-Württemberg wurden von 102 (d.h. Teilnahme von 102 Beratungsstellen) teilnehmenden Einrichtungen Daten aggregiert. Die ambulante Suchthilfe hat 61.871 Menschen im Jahr 2021 betreut. Die Betroffenen sind häufig männlich, die Bezugspersonen weiblich. Vorliegende Zahlen zeigen die Wirksamkeit der Suchtberatung auf. Die erhobenen Daten zum Abschluss der Betreuung zeigen, dass bei über 60% der betreuten Menschen eine Verbesserung der Problematik bezüglich des Suchtmittels erreicht werden konnte. Weiter Infos unter https://lss-bw.de/publikationen/#statistik

Aktionstag Suchtberatung

Der Aktionstag Suchtberatung findet bundesweit zum dritten Mal am 10. November 2022 unter dem Motto „Wir sind für alle da …. noch!“ unter der Schirmherrschaft des Bundesdrogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, statt. Die DHS plant und koordiniert den Aktionstag Suchtberatung gemeinsam mit ihren Mitgliedsverbänden. Ziel ist es, Suchtberatungsstellen und Politik in den Kommunen miteinander in einen Dialog zu bringen. Dabei soll vor Ort auf die Dringlichkeit der (Weiter-)Finanzierung und die Zukunftssicherung der Suchtberatungsstellen aufmerksam gemacht werden. Suchtberatung braucht eine stabile, kostendeckende und verlässliche Finanzierung! Sie ist systemrelevant und trägt nachweislich dazu bei, die Chronifizierung und Folgekosten von Abhängigkeitserkrankungen zu verringern! Darüber hinaus trägt sie durch ihre Präventionsangebote wesentlich zur Gesundheitsförderung und Schadenminimierung bei. Weitere Infos unter www.aktionstag-suchtberatung.de

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