Stuttgart 05.05.2021 Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg blickt mit gemischten Gefühlen auf den heute veröffentlichten grün-schwarzen Koalitionsvertrag. Es sei ein hehres Ziel, Baden-Württemberg zum Klimaschutzland machen zu wollen und Ökologie mit Ökonomie zu versöhnen, wie es bei der Vorstellung in Stuttgart hieß, so der Verband. Doch müsse bei allen klimaschutzpolitischen Maßnahmen ein Augenmaß gelten, das den sozialen Ausgleich nicht aus dem Blick verliert. „Offenbar wird das Thema Nachhaltigkeit nur von zwei Seiten beleuchtet – der ökologischen und der ökonomischen Nachhaltigkeit – diese beiden sind jedoch eng verknüpft mit der sozialen Nachhaltigkeit und nicht ohne sie zu denken“, konstatiert die Vorstandsvorsitzende Ursel Wolfgramm, und weiter: „Wo bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags von Sicherheit die Rede war, meinten die Koalitionäre innere Sicherheit – aber wo bleibt die soziale Sicherheit? Wo von Nachhaltigkeit die Rede war, ging es um Ökologie und Ökonomie – doch wo bleibt das Soziale? Sogar von Zusammenhalt war die Rede – doch wie soll das gehen ohne die Beachtung des Sozialen?“
„Unser Verband begrüßt das geplante Corona-Sofortprogramm der Landesregierung und hofft gleichzeitig, dass dies vor allem dem Ziel dient, eine weitere gesellschaftliche Spaltung zu verhindern“, sagt Ursel Wolfgramm. Dies könne im Bildungsbereich dennoch nicht mehr als eine Schadensbegrenzung sein, da an den bestehenden Strukturen ja nichts verändert werden solle. „Schon vor Corona ist unser Bildungssystem nicht geeignet gewesen, tatsächliche Bildungsgerechtigkeit herzustellen“, so Wolfgramm weiter. „Dass die Koalitionäre nun die Notwendigkeit struktureller Veränderungen im Bildungssystem negieren, zeigt, dass eine wirkliche Bekämpfung der Ursachen sozialer Ungerechtigkeit auch mit dieser Landesregierung nicht stattfinden wird. Das ist beschämend und für Kinder aus benachteiligten Familien eine verheerende Nachricht.“
„Die Ankündigung, ein neues Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen einrichten zu wollen, lässt hoffen, dass das Thema bezahlbarer Wohnraum ganz oben auf der To-Do-Liste der neuen Landesregierung steht“, begrüßt Wolfgramm dieses Vorhaben. „Was wir brauchen, ist eine soziale Wohnungspolitik“, sagt Wolfgramm weiter. Es sei die Aufgabe dieser Politik, allen Menschen einen ihren individuellen Bedürfnissen angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. „Wohnen gehört zu den existenziellen Grundbedürfnissen eines jeden Menschen“, so die Vorstandsvorsitzende.
In diesen unsicheren Zeiten müsse ein zentrales Ziel der künftigen Landesregierung sein, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Dazu sei eine Fülle von Maßnahmen erforderlich, die auch Geld kosten. „Die Menschen in Baden-Württemberg sehen sich großen gesellschaftlichen Veränderungen gegenüber. Die Corona-Pandemie hat die gesellschaftliche Spaltung weiter vertieft. Darauf muss die neue Landesregierung mit einer sozialen Politik reagieren“, so Wolfgramm weiter. Wichtig sei, die sich verfestigende Armut wirksam zu bekämpfen. Das gehe nur mit einem Masterplan und zwar gegen Kinderarmut, Familienarmut und Altersarmut. Darüber hinaus muss soziale Arbeit endlich bessere Rahmenbedingungen und eine bessere Finanzierung erhalten. „Soziale Arbeit ist systemrelevant. Sie leistet außerdem den größten Beitrag zur Integration marginalisierter Gruppen, ohne sie droht eine weitere Spaltung unserer Gesellschaft. Diese gesellschaftliche Leistung der Stärkung sozialer Nachhaltigkeit dient Allen in diesem Land und muss auch entsprechend gut bezahlt werden“, so die Vorstandsvorsitzende abschließend.