Wie ist die Situation von Menschen mit Behinderung im Hinblick auf Barrierefreiheit im öffentlichen Raum?
Laut Statistischem Bundesland lebten in Deutschland 2021 rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das ist fast jeder zehnte. In Baden-Württemberg waren es laut statistischem Landesamt fast eine Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. Das ist fast jeder Zwölfte. Es kann sich dabei um eine körperliche, geistige, seelische oder auch Sinnesbehinderung wie Gehörlosigkeit oder Blindheit handeln. Sie alle haben ein Recht auf eine barrierefreie Umwelt. So steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention. Trotzdem treffen Menschen mit Behinderung in ihrem Alltag weiterhin auf erhebliche Barrieren in fast allen Lebensbereichen. Das können bauliche Hürden für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer wie mangelnde Ebenerdigkeit auf dem Gehweg oder Treppenstufen beim Zugang in ein Gebäude sein oder ein Geldautomat, der zu hoch angebracht ist, sein. Aber es gibt für Menschen mit einer kognitiven oder Sinneseinschränkung auch sprachliche Hürden, wenn Texte zum Beispiel in Formularen nicht auch in leichter Sprache, Braille-Schrift oder Gebärdensprachdolmetschung zur Verfügung stehen. Auch im Bereich des privaten Wohnens gibt es häufig Barrieren. Nur ein Viertel der Menschen mit Behinderung verfügen nach eigenen Angaben über eine altengerechte, barrierefreie Wohnung.
Was ist zu tun?
Es darf in Baden-Württemberg keine Orte oder Lebensbereiche mehr geben, zu denen Menschen mit Behinderung keinen gleichberechtigten Zugang haben! Sie müssen überall barrierefrei wohnen, leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen können. So ist es in der UN-Behindertenrechtskonvention gesetzlich verankert. Deutschland ist zur Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention verpflichtet und damit auch zum Ausbau flächendeckender barrierefreier Zugänglichkeit aller Orte im täglichen gesellschaftlichen Leben. Auch müssen ausreichend bezahlbare barrierefreie Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar sein. Baden-Württemberg sehen wir in der Pflicht, im Zuge der Weiterentwicklung des Landesinklusionsplans, Barrierefreiheit verpflichtend, auf den verschiedenen Ebenen wie beim Bauen, in der Kommunikation und Digitalen Welt wirksam voranzubringen. Auch die Kommunen sehen wir hier in der Verantwortung, für umfassende Barrierefreiheit vor Ort zu sorgen, unabhängig von der Haushaltslage. Bei allen Schritten hin zu einer inklusiven Gesellschaft, ist es wichtig, Menschen mit Behinderung als Expert*innen in eigener Sache am Umsetzungsprozess zu beteiligen. Barrierefreiheit ist die Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung und die gleichberechtigte Teilhabe im Alltag sowie an gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen.
Was läuft bereits
Barrierefreiheit muss auf den verschiedenen Ebenen im Sinne von baulicher, sprachlicher und digitaler Teilhabe voran gebracht werden.
Baden-Württemberg hat mit der Einrichtung des Landeszentrums für Barrierefreiheit im November letzten Jahres einen wichtigen Schritt dazu beigetragen. Hier finden Menschen Rat und Unterstützung bei Fragen zur barrierefreiheit in den Bereichen Bauen öffentlicher Gebäude, öffentlicher Raum, Verkehr und öffentlicher Personennahverkehr sowie Unterstützung beim Thema Leichte Sprache. Auch der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, der derzeit von der Landesregierung weiterentwickelt wird, trägt wesentlich zu mehr Barrierefreiheit bei.
Was hier noch fehlt, ist, dass sich das Land klare Ziele setzt, wie Barrierefreiheit in den kommenden Jahren wirksam voran gebracht wird und auch die Kommunen mit ins Boot nimmt.