Stuttgart 13.12.2024 In Baden-Württemberg leben deutlich mehr Menschen in Armut, wenn die Wohnkosten berücksichtigt werden. Wird das Einkommen um die Wohnkosten bereinigt, fallen in Baden-Württemberg 18,5 Prozent der Bevölkerung (2.097.763 Menschen) unter die Armutsgrenze. Das sind 6,6 Prozent (748.391 Menschen) mehr Armutsbetroffene als nach konventioneller Armutsberechnung (11,9 Prozent). Das ergibt die Studie des Paritätischen Gesamtverbandes zur Wohnarmut in Deutschland. Bei einer deutschlandweiten Wohnarmut von 21,2 Prozent der Bevölkerung (17,5 Millionen Menschen) liegt Baden-Württemberg auf Rang zwei hinter Bayern (16,3 Prozent). Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg appelliert an die Landesregierung, den sozialen Wohnungsbau im Land voranzutreiben. Dazu müssten bestehende Sozialbindungen entfristet und mehr Sozialwohnungen geschaffen werden. Kommunen sollten ihr Vorkaufsrecht stärker ausüben, Bürokratie abgebaut, die Wohngemeinnützigkeit gestärkt und Investitionsanreize geschaffen werden, so der Verband.
„Hohe Mietkosten sind nicht nur ein Armutsrisiko. Die Höhe der Miete ist entscheidend, wie viel Geld für den täglichen Gebrauch noch zur Verfügung steht. Für Menschen, bei denen das Geld ohnehin knapp ist, bedeutet das massive Einschränkungen bei den Ausgaben für Essen, Kleidung, Freizeitgestaltung, aber auch Energie und Gesundheit. Es braucht mehr bezahlbaren Wohnraum und einen wirksamen Schutz von Mieterinnen und Mietern vor ständig steigenden Mieten und Wohnungskündigungen. Eine Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2029 wie vom Bundeskabinett beschlossen, wäre ein wichtiger Schritt“, betont Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. „Gegen Wohnungsnot helfen nur Wohnungen. Ohne neue Wohnungen werden sich die steigende Wohnungsnot und der Wohnungsmangel weiter verschärfen“ so der Vorstand weiter. Laut einer aktuellen vom PESTEL-Institut veröffentlichten Studie fehlten in Baden-Württemberg 260.000 Sozialwohnungen. Deshalb müsse das Land den sozialen Wohnungsbau und Wohnungen für niedrigere Einkommen stärker fördern und bei der Entwicklung von Neubaugebieten berücksichtigen. „Es ist Zeit, die Wohnarmut und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum als eine Verantwortungsgemeinschaft aller Akteur*innen anzugehen und für die Menschen im Land tragfähige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen“, so Hartmann.
Die steigenden Mieten belasten vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen sowie Menschen ab 65 Jahren. In dieser Gruppe stieg durch die Bereinigung die Armutsquote von 18,4% auf 27,1%. In der Gruppe der jungen Erwachsenen (18-25 Jahre) liegt die bereinigte Armutsquote bei 31%, bei den Alleinerziehenden stieg sie auf 36%, bei Alleinlebenden auf 37,6 % (im Rentenalter sogar 41,7 %), die Armutsquote der Erwerbslosen erhöhte sich auf 61,3 %.
Hinweis an die Redaktionen
Die Studie des Paritätischen Gesamtverbandes zur „Wohnarmut in Deutschland“ finden Sie hier https://www.der-paritaetische.de/wohnarmut
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 930 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de