Mobile Beratungsteams: PARITÄTISCHER zieht positive Zwischenbilanz

Pressemitteilung - geschrieben am 06.09.2021 - 10:42

Pforzheim/Stuttgart 06.09.2021         Das Land fördert den Ausbau an Schutz und Hilfe für gewaltbetroffene Frauen sowie Frauen in der Prostitution und Betroffene von Menschenhandel durch 24 Mobile Teams etablierter Fachberatungsstellen in unterversorgten Regionen in Baden-Württemberg. Mit dem Projekt sollen in erster Linie durch die Corona-Pandemie in verschärfte Notlagen geratene  Frauen erreicht werden.  Damit wird das Hilfsangebot in den ländlichen Regionen erheblich verbessert und mit neuen Beratungsformen wie Walk and Talk, aufsuchender Beratungsarbeit und mobilen Beratungsbussen bedarfsgerecht ausgebaut. Insgesamt konnten im ersten guten halben Jahr landesweit 500 betroffene Frauen erreicht werden. Das zeigt die positive Zwischenbilanz des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg, die heute anlässlich des Besuchs von Staatssekretärin Dr. Ute Leidig MdL und der frauenpolitischen Sprecherin der Grünen, Stefanie Seemann MdL, gemeinsam mit dem mobilen Team der Fachberatungsstelle Aidshilfe Pforzheim e.V. vorgestellt wurde.

Mobile Teams verbessern Hilfsangebot in ländlichen Regionen

„Die Mobilen Teams schließen eine Lücke im Hilfenetz für von Gewalt betroffene Frauen vor allem in den ländlichen Regionen in Baden-Württemberg. Die Frauen mussten oft zur nächsten Fachberatungsstelle weite Wege auf sich nehmen. Jetzt ist eine Beratung in der Fläche, vor Ort gegeben“, sagt Dr. Katrin Lehmann, Referentin für Frauen und Mädchen beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Die Corona-Pandemie erforderte auch neue Formen in der Beratungsarbeit wie „Walk and Talk“, aufsuchende Arbeit und der Einsatz von Beratungsbussen. Auch die Problemlagen haben sich verändert: Existenzielle Nöte, coronabedingte Mehrbelastungen, Ängste und Sorgen sowie gehäufte familiäre Krisensituationen stellten den häufigsten Beratungsbedarf dar, so Dr. Lehmann weiter. Etwas anders gestalte sich die Situation von Frauen in der Prostitution. „Die Bordelle waren oder sind geschlossen, die Einkünfte versiegen und die meisten Frauen geraten in eine existentielle Notlage“, ergänzt Margarita Sommerfeld Projektkoordination „Mobile Teams“ bei der Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH.
 

Frauen in der Prostitution während Corona besonders gefährdet
„Niedrigschwellige und leicht zugängliche Unterstützungs- und Hilfeleistung für von Gewalt betroffene und bedrohte Frauen und Kinder sicherzustellen, ist uns besonders in Zeiten der Pandemie ein großes Anliegen. Es freut mich sehr, dass Sie mit den innovativen Projekten viele Betroffene erreichen konnten, die sonst nur einen erschwerten Zugang zu fachlicher Beratung und Unterstützung hatten. Damit hat sich gezeigt, dass die neuen Beratungsstrukturen durch ihren besonderen Ansatz eine Lücke in der Versorgungslandschaft schließen können. Gerne bedanke  ich mich bei allen beteiligten Trägern, Fachberatungsstellen sowie Frauen- und Kinderschutzhäusern herzlich für ihren engagierten, kreativen und ausdauernden Einsatz und freue mich sehr, dass die Weiterführung der Mobilen Teams auch für das Jahr 2022 gesichert werden konnte“, sagte die Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, Dr. Ute Leidig, am Montag in Pforzheim.

Die Mobilen Teams der Aidshilfe Pforzheim stärken die Versorgung in der Region

„Der Lockdown hat den Zugang zu Frauen in der Prostitution erschwert, da aufsuchende Arbeit nur unter schwierigen Voraussetzungen überhaupt möglich war. Mit telefonischen und virtuellen Beratungsangebote unserer mobilen Teams konnten wir neue Kontakte knüpfen und 103 Beratungen (virtuell und persönlich) mit 26 Klient:innen durchführen“, erklärt Claudia Jancura, Leiterin der Beratungsstelle Aidshilfe Pforzheim e.V., Fachstelle für sexuelle Gesundheit. Die mobilen Teams seien in Pforzheim, Enzkreis und Landkreis Calw sehr gut angelaufen. Gerade die aufsuchende Arbeit ermögliche einen niedrigschwelligen Zugang zu betroffenen Frauen, da wir Sexarbeiter:innen direkt an ihren Aufenthalts- und Arbeitsorten beraten können. Viele Frauen* fassten dadurch Vertrauen und nähmen erstmalig psychosoziale und gesundheitliche Hilfe in Anspruch, so Jancura.

„Aspasia arbeitet als Fachberatungsstelle für Prostituierte mit einer besonders gefährdeten Personengruppe und leistet damit in der Region Wichtiges für unsere Gesellschaft. Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie aber auch die bestehenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern deutlich sichtbar gemacht. Allein die Zahl der Opfer von häuslicher Gewalt ist in Deutschland während der Corona-Krise deutlich gestiegen, in Baden-Württemberg um 5,9%. Uns war es daher zum einen wichtig, bestehende Beratungsstrukturen im Land zu stabilisieren aber gleichzeitig auch dort Hilfe anzubieten, wo es bisher keine Beratungsstellen gibt und Frauen auf sich alleine gestellt sind. Die Mobilen Teams der Fachberatungsstellen gegen häusliche und sexualisierte Gewalt sowie Prostitution und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung haben sich hierbei als besonders effizient erwiesen“, sagt Stefanie Seemann MdL, frauenpolitischen Sprecherin der Grünen in Baden-Württemberg.

Das Projekt der Mobilen Teams trägt wesentlich dazu bei, den in der Istanbul-Konvention geforderten bedarfsgerechten Ausbau an Schutz und Hilfe für gewaltbelastete Frauen umzusetzen.

Die Zwischenbilanz Projekt „Mobile Teams der Fachberatungsstellen gegen häusliche und sexualisierte Gewalt sowie Prostitution und Menschenhandel“ für den Zeitraum 01.11.2020 – 30.06.2021

Mit dem Projekt „Mobile Teams der Fachberatungsstellen gegen häusliche und sexualisierte Gewalt sowie Prostitution und Menschenhandel“ stärkt das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration wirkungsvoll die Versorgungssituation für gewaltbetroffene Frauen, Prostituierte und Opfer von Menschenhandel in Baden-Württemberg. Die 22 spezialisierten Fachberatungsstellen entsenden insgesamt 24 Mobile Teams in die Fläche. Zwölf der Mobilen Teams arbeiten in den Feldern Prostitution und Menschenhandel, die anderen zwölf betätigen sich im Bereich häuslicher und sexualisierter Gewalt. Mit Hilfe von Außenstellen im ländlichen Raum, Walk and Talk-Beratungen, Beratungs-Automobilen, aufsuchender Arbeit und Onlineberatung unterstützen sie die Frauen (und Männer) bei der Bewältigung ihrer Problemlagen. Insgesamt haben die Mobilen Teams im Zeitraum vom 01.11. – 30.06.2021 ca. 500 Personen beraten und mit ca. 140 Veranstaltungen Prävention, Aufklärung, Sensibilisierung geleistet. Die Liste der Standorte fi

Handlungsfelder Prostitution und Menschenhandel (12 Mobile Teams):

Insgesamt wurden über 300 Personen, überwiegend Frauen, beraten. Es fanden rund 450 persönliche und 450 telefonische / virtuelle Beratungsgespräche statt. Zusätzlich fanden rund 200 persönliche wie telefonische Beratungsgespräche mit Angehörigen der Frauen statt. Zur Etablierung des Angebots und zur fachlichen Beratung von Netzwerkpartnern, sozialen Einrichtungen sowie Behörden im Lebensumfeld der Frauen fanden rund 800 Kooperationsgespräche mit diesen Expert*innen statt. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Prävention wurden über 90 Veranstaltungen (auch online) durchgeführt.

Handlungsfelder häusliche und sexualisierte Gewalt (12 Mobile Teams):

Insgesamt wurden rund 200 gewaltbetroffene Frauen beraten. Es fanden rund 250 persönliche und 300 telefonische / virtuelle Beratungsgespräche statt. Zusätzlich fanden rund 150 persönliche und telefonische Beratungsgespräche mit Angehörigen der Frauen statt. Zur Etablierung des Angebots und zur fachlichen Beratung von Netzwerkpartnern, sozialen Einrichtungen sowie Behörden im Lebensumfeld der Frauen fanden rund 450 persönliche Kooperationsgespräche mit diesen Expert*innen statt. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Prävention wurden rund 50 Veranstaltungen (auch online) durchgeführt.

Hintergrundinformationen:

Das Projekt Mobile Teams startete zum 01.11.2020. Die Laufzeit wurde jetzt vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration um ein weiteres Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert. Durch sie werden eine flächendeckende Beratung und neue Wege der Beratung ermöglicht. Die Corona-Pandemie hat die Situation für viele Betroffene verschärft, jedoch sollen die Beratungsstrukturen auch nach der Corona-Pandemie gewährleistet werden. Eine Verstetigung der Mobilen Teams ist als Ziel im Koalitionsvertrag aufgeführt. Weiter Infos und die Liste der Projektstandorte unter https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/land-foerdert-innovative-projekte-gegen-haeusliche-und-sexuelle-gewalt/

Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH

Die Projektkoordination liegt bei der Werkstatt PARITÄT gemeinnützige GmbH, einem Tochterunternehmen des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Als Projektträgerin ist die Werkstatt PARITÄT für die Konzeption, Beantragung, Umsetzung und Verwaltung von Kooperationsprojekten verantwortlich. Als Dienstleisterin bringt das Unternehmen Wissen und Kompetenzen in der Beratung und Begleitung von sozialen Organisation ein und unterstützt diese bei der eigenen Projektbeantragung und -umsetzung. Weitere Informationen unter www.werkstatt-paritaet-bw.de.

                   

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