Stuttgart 17.06.2019 Gute Pflege braucht mehr Zeit. Für mehr Zeit braucht es mehr Personal. Und um mehr Personal zu bekommen, müssen bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege geschaffen und Pflegekräfte besser bezahlt werden. Das kostet Milliarden, was aber nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen darf. Der PARITÄTISCHE, Sozialverband VdK, Landesfrauenrat und Landesfamilienrat begrüßen die Ergebnisse der „Konzertierte Aktion Pflege“ der Bundesregierung, deren Umsetzung die Pflege im Land verbessern soll. Die Verbände fordern das Land auf, wieder in die Investitionsförderung der Pflegeheime einzusteigen, die Anerkennungsverfahren von ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen zu beschleunigen und die Arbeitsbedingungen in der Pflege nachhaltig zu verbessern.
„Wir sehen die Länder in der Finanzierungsverantwortung, die Investitionskosten der Pflegeheime wieder zu übernehmen“, erklärt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. „Außerdem muss die Finanzierung der Behandlungspflege in stationären Einrichtungen endlich von den Krankenkassen getragen werden. Rund 70 Prozent der Pflegebedürftigen im Heim sind zusätzlich auf diese rein medizinischen Leistungen angewiesen. Das entspricht schätzungsweise einem Betrag in Höhe von rund 3 Mrd. Euro, der zulasten der Pflegeversicherung und Heimbewohner geht. Eine Kostenübernahme der Krankenkassen würde zu einer deutlichen Entlastung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen führen“, so Wolfgramm weiter. Bei der Anerkennung von ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen müsse das Land bürokratische Hürden abbauen und Anerkennungsverfahren beschleunigen.
„Immer mehr betroffene Pflegebedürftige müssen Hilfe zur Pflege beantragen und ihre nächsten Angehörigen werden in Regress genommen“, erklärt Werner Raab, stellv. Vorsitzender des Sozialverbandes VdK Baden-Württemberg e.V.. „Diese Menschen werden zu Bittstellern gemacht – eine beschämende Situation, insbesondere am Lebensende und nach dem Arbeitsleben. Schnelle Entlastung ist deshalb das Gebot der Stunde“, so Raab. Deshalb fordere der VdK vom Land, sich wieder für die Investitionskosten der Pflegeheime verantwortlich zu fühlen und in die Förderung wiedereinzusteigen
„Etwa die Hälfte der familiär pflegenden Frauen ist erwerbstätig. Sie sind besonderen Belastungen ausgesetzt und oft in einer Sandwich-Position. Viele geben ihre Arbeit ganz auf oder schränken sie ein, weil es nicht genügend bezahlbare Unterstützung gibt“, sagt Prof. Christel Althaus, Vorsitzende des Landesfamilienrats Baden-Württemberg. „Deshalb sehen wir das Land in der Pflicht, ambulante Pflegedienste nachhaltig zu fördern und auszubauen. Um Pflege, Familie und Beruf zu vereinen, brauchen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ein differenziertes Hilfe- und Unterstützungsangebot“, so Althaus weiter.
„Pflege ist weiblich. Sowohl in der stationären, als auch in der ambulanten Pflege liegt der Frauenanteil bei über 80 Prozent. Arbeitsverdichtung, Personalmangel, schlechte Bezahlung, unzuverlässige Dienstpläne, zu wenig Zeit für den menschlichen Umgang und wenig Wertschätzung für den Beruf – das sind alles Gründe, warum Frauen den einmal gewählten Wunschberuf in der Pflege frühzeitig wieder verlassen oder in Teilzeit ausüben“, kritisiert Charlotte Schneidewind-Hartnagel, erste Vorsitzende des Landesfrauenrats Baden-Württemberg. „Die Pflegekräfte im Land erwarten jetzt zu Recht, dass sich ihre Arbeitsbedingungen verändern und sich die Wertschätzung des Berufs in einer angemessenen Bezahlung ausdrückt“, so Schneidewind-Hartnagel.