Stuttgart, 09.12.2025 – In Baden-Württemberg steigt die Armutsquote von 13,2 auf 19,9 Prozent, wenn die Wohnkosten vom Einkommen abgezogen werden. Demnach sind 742.000 mehr Menschen durch hohe Mieten von Armut betroffen. Statt ca. 1,5 Millionen sind demnach ca. 2,2 Millionen Menschen im Land arm. Diese alarmierenden Zahlen gehen ausder heute veröffentlichten Studie zur Wohnarmut des Paritätischen Gesamtverbandes hervor. Im Ländervergleich weist Baden-Württemberg die zweitniedrigste Wohnarmutsquote nach Bayern (18,1 Prozent) auf. Bundesweit liegt sie bei 22,3 Prozent der Bevölkerung (18,4 Millionen Menschen). Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg appelliert an die Landesregierung, massiv in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Ebenso sei der flächendeckende Ausbau zentraler Fachstellen zur Wohnungssicherung erforderlich, um präventiv vor Wohnungslosigkeit und Wohnarmut zu schützen. Darüber hinaus müsse die Mietpreisbremse verlängert und ihre Einhaltung besser kontrolliert werden, so der Verband.
„Die massive Steigerung der Wohnarmut trifft längst nicht mehr nur Menschen mit einem niedrigen Einkommen. Zunehmend ist auch die Mittelschicht betroffen. Wohnen ist auch in Baden-Württemberg zum zentralen Risikofaktor für Armut geworden. Fast jede fünfte Person im Land ist nach Abzug der Wohnkosten arm. Das ist sozialpolitisch nicht mehr hinnehmbar“, kritisiert Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg, scharf. Die Ursachen dafür lägen nicht im individuellen Lebensstil, sondern im strukturellen Versagen des Wohnungsmarktes. Die Mietpreise stiegen deutlich schneller als die Einkommen, der Bestand an Sozialwohnungen stagniere und bezahlbarer Wohnraum fehle flächendeckend im Land. Auch Eigenbedarfskündigungen, Trennungen oder gesundheitliche Einschnitte könnten zum Verlust der Wohnung führen. Wer heute umziehen müsse, zahle fast zwangsläufig deutlich mehr und könne dadurch in die Wohnarmut rutschen, so Hartmann weiter. „Wenn fast ein Fünftel der Bevölkerung trotz Arbeit, Rente oder Ausbildung wegen hoher Mieten faktisch arm lebt, dann ist das mehr als alarmierend. Steigende Wohnarmut wirkt sich auch unmittelbar auf die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land aus und gefährdet zudem den sozialen Zusammenhalt. Jetzt ist politisches Handeln gefragt – nicht nur in Sonntagsreden, sondern im Wohnungsbau, im Mietrecht und in der sozialen Sicherung“, so Hartmann.
Bundesweit fällt die Wohnarmutsquote mit 31 Prozent bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren und bei älteren Menschen ab 65 Jahren mit 29 Prozent besonders hoch aus. 31 Prozent aller Paare mit drei oder mehr Kindern sind von Wohnarmut betroffen und bei Alleinerziehenden sind es vier von zehn Haushalten.
Die Expertise basiert auf einer Sonderauswertung im Auftrag des Paritätischen, die auf offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes (auf Grundlage von MZ-SILC) basiert. Bei der Berechnung der Armutsquoten werden alle Personen gezählt, die in Haushalten leben und deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt. Anders als bei der konventionellen Armutsberechnung werden bei der Wohnarmutsberechnung bei der Ermittlung des Medians die Wohnkosten abgezogen.
Die Studie des Paritätischen Gesamtverbandes „Mieten fressen Einkommen“ finden Sie hier Paritätische Studie zur Wohnarmut in Deutschland zeigt: Wohnkosten treiben Armutszahlen von 13 auf 18,4 Millionen - Der Paritätische - Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 940 selbstständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weiter Infos unter www.paritaet-bw.de