Stuttgart 25.06.2024 Die Zahl der Drogentoten ist 2023 bundesweit auf 2.227 Menschen weiter gestiegen, in Baden-Württemberg von 179 auf 141 Todesfälle leicht gesunken. Das geht aus dem Jahresbericht des Drogenbeauftragten der Bundesregierung hervor. Anlässlich des Weltdrogentags (26.06.2024) appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg an das Land, in die Suchthilfe, Prävention und Jugendarbeit zu investieren. Dadurch ließen sich Menschenleben retten und die Fälle von Drogentoten vermindern. Um die Mittel für die Suchtberatung und Prävention zu sichern, könne das Land Einnahmen aus Lotteriemitteln, die zum großen Teil in den Landeshaushalt fließen, für eine nachhaltige Finanzierung und den Ausbau der Suchthilfe verwenden, so der Verband.
„Der hohen Zahl an Menschen, die an ihrem Drogenkonsum sterben, steht eine Suchthilfe gegenüber, die seit Jahren chronisch unterfinanziert ist. Erste Angebote mussten bereits eingeschränkt oder schon eingestellt werden. Während die Kommunen ihren Beitrag über die Jahre hinweg überwiegend angepasst haben, ist der Landeszuschuss seit 1999 nicht erhöht worden. Um die Zahl der Drogentoten zu senken, braucht es einen Ausbau statt Abbau der Suchthilfe und Suchtprävention. Das erfordert flächendeckende Investitionen in Streetwork, niederschwellige Anlaufstellen wie Kontaktläden, mehr Drogenkonsumräume, die Kontakt zum Hilfesystem sichern und Safer Use ermöglichen. Angesichts der Tatsache, dass die häufigste mit Todesfällen verbundene Substanz immer noch Heroin und Mischkonsum sind, muss der Zugang zu Naloxon, einem Gegenmittel bei Opioid-Vergiftungen, in der Breite verfügbar sein. Darüber sind sich auch die Suchtexpert*innen einig“, sagt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Damit gerade junge Menschen erst gar keine Suchtabhängigkeiten entwickeln, gelte es, verstärkt in Prävention zu investieren. „Es braucht gemeinwesenorientierte Jugendarbeit, die das Erleben von Gemeinschaft, Spaß und Spannung durch Musik-, Sport- oder Tanzangebote vermittelt. Und es erfordert ein Mehr an Gesundheitsbildung in den Schulen, die das soziale Miteinander und die individuelle psychische Widerstandskraft fördern. Zudem steigt aufgrund der Cannabisregulierung der Bedarf an Präventionsangeboten für junge Menschen“, so die Vorständin weiter. Damit das Land in Zeiten knapper Haushaltskassen die nötigen Investitionen leisten könne, solle ein Teil der Einkünfte aus Lotto und Toto, die zum größten Teil in den Landeshaushalt fließen, auch in eine sichere und nachhaltige Finanzierung der Suchtberatung und –prävention fließen.
In 2023 hatte Lotto Baden-Württemberg einen Umsatz von über 1 Milliarde Euro gemacht. Davon gingen 426 Mio. Euro an das Land Baden-Württemberg, von denen 132 Mio. Euro in den Wettmittelfonds des Landes flossen, über den Sport, Kultur, Denkmalpflege und soziale Projekte gefördert werden. Der weitaus größere Teil von 294 Mio. Euro (70 Prozent) floss in den Landeshaushalt.
Hintergrundinformationen:
Weltdrogentag
Seit 1987 wird jährlich am 26. Juni auf Initiative der Vereinten Nationen der Weltdrogentag begangen, um auf die Gefahren und Schäden durch Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel aufmerksam zu machen.
Landesweites Aktionsbündnis „Suchtberatung retten“
Um die Finanzierung der Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg zu sichern, haben sich verbände- und trägerübergreifend vor einem Jahr 121 Einrichtungen und 385 Selbsthilfegruppen* zu einem landesweiten Aktionsbündnis „Suchtberatung retten“ zusammengeschlossen, das inzwischen 1.168 Unterstützer*innen gefunden hat. Es fordert, dass die seit 20 Jahren stagnierenden Landeszuschüsse für die Fachkraftstellen endlich angemessen erhöht werden und künftig entsprechend der Tariferhöhungen dynamisiert werden. Weitere Infos unter https://suchtberatung-retten.de/
Rund 48 Prozent der Menschen, die in den rund 100 Suchtberatungsstellen in Baden-Württemberg 2022 Hilfe gesucht haben, kamen aufgrund ihres Drogenkonsums in Beratung, 48,6 Prozent wegen Alkoholkonsum und 3,5 Prozent infolge pathologischen Spielverhaltens.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. In den kommenden Jahren wird sich der Paritätische Baden-Württemberg verstärkt drei Strategiefeldern widmen: - Zusammenhalt in einer vielfältigen, inklusiven und demokratischen Gesellschaft - zukunftsfähige Lebensräume - Soziale Innovationen. Ihm sind in Baden-Württemberg über 900 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Mit 37 ambulanten Suchthilfeeinrichtungen und über 200 Fachkräften ist der Paritätische der größte Suchthilfeträger in BW.
Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de