Corona: Der PARITÄTISCHER Baden-Württemberg und Behindertenverbände warnen vor weiterer Ausgrenzung

Pressemitteilung - geschrieben am 04.12.2020 - 12:41

 

Oberteuringen/Berlin/Stuttgart/  04.12.2020         Laut dem aktuellen Teilhabebericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bestehen in fast allen Lebensbereichen weiterhin erhebliche Barrieren für Menschen mit Behinderung, so dass von gleichberechtigter Teilhabe keine Rede sein kann. Bereits vor der Corona-Pandemie sei mehr als jeder dritte Mensch mit Beeinträchtigung oder Schwerbehinderung (38,8 Prozent) von Einsamkeit betroffen gewesen, während weniger als jeder sechste Mensch ohne Beeinträchtigungen (15,8 Prozent) angab, oft oder eher oft einsam zu sein. Auch leben Menschen mit Behinderung überproportional häufig in Armut. Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung mahnt der Paritätische, sich auf das Ziel einer inklusiven Gesellschaft zu besinnen, die alle mitnimmt und niemanden ausgrenzt, und formuliert konkrete Forderungen an die Politik. Laut Statistischem Landesamt (31.12.2019) leben in Baden-Württemberg 955 455 Menschen mit Behinderung, davon 14 688 im Bodenseekreis.

"Menschen mit Behinderung erleben durch die Corona-Pandemie tiefe Einschnitte in ihrem sozialen Umfeld und Lebensalltag. Viele gehören zur Risikogruppe und brauchen besondere Sicherheit und ausreichend Schutz“, sagt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Das dürfe aber nicht zu sozialer Ausgrenzung und Isolation führen. „Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung, auch in Zeiten von Corona“, so Wolfgramm weiter. Hilfsangebote zur Unterstützung im Alltag, Begleitung in der Freizeit oder auch zu Besuchen beim Arzt oder Physiotherapeuten müssen mit dem erforderlichen Gesundheitsschutz weiterhin möglich sein. Dazu gehören auch Angebote zur Entlastung und Unterstützung von Angehörigen gerade im erschwerten Pandemie-Alltag“, so Wolfgramm. Corona darf nicht zu Rückschritten bei der Inklusion führen. Wir brauchen Corona-Schutzkonzepte, die an den Bedarfen von Menschen mit Behinderung und nicht pauschal an Risikogruppen ausgerichtet sind“, appelliert die Vorstandsvorsitzende. Die Finanzierung der vielfältigen Angebote der Eingliederungshilfe bei Wohnen, Tagesstruktur, Arbeit, Beratung und Freizeit, der Ausgleich der Zusatzausgaben für zusätzliche Schutz- und Hygienemaßnahmen und wegbrechende Aufträge in den Behindertenwerkstätten müssten endlich geregelt und Inklusionsbetriebe im Hotel und Gaststättengewerbe ebenfalls unter die Corona-Soforthilfen fallen. Auch müssten am geplanten Bürgerforum Corona der Landesregierung Menschen mit Behinderung beteiligt werden. 

„Schon im März und April dieses Jahres konnten wir in der EUTB Bodenseekreis feststellen, dass es Menschen mit Behinderung besonders schwer hatten, mit den Beschränkungen der Corona-Pandemie klar zu kommen. Nun stehen sie wieder vor der gleichen Situation und wenig hat sich geändert“, erklärt Thomas Schalski, Leiter EUTB Bodenseekreis, Oberteuringen und Aufsichtsratsmitglied beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Besonders, Menschen mit Behinderung pauschal zur Risikogruppe zu erklären, habe im Einzelfall teilweise fatale Auswirkungen auf die Betroffenen. So sei in Pflegeeinrichtungen keine Physiotherapie mehr angeboten worden, was zu körperlichen Folgeschäden führte, oder Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen hätten aufgrund einer übertriebenen Isolation Rückfälle erlitten. „Die Corona-Maßnahmen kommen zu hektisch, zu unüberlegt und überfordern teilweise Menschen mit Behinderungen - und was ganz wichtig ist, sie beziehen die Betroffenen nicht mit ein. Es ist erschreckend zu sehen, wie schnell die Teilhabe von Menschen mit Behinderung keine Rolle mehr spielt und wie weit weg wir noch von einer inklusiven Gesellschaft sind. Wir fordern daher die Politik und Verwaltung auf, den Dialog mit den Betroffenen zu suchen und nicht über die Köpfe der Menschen hinweg zu entscheiden. Das würde auch die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung erhöhen“, so Schalski.

Pressekontakt EUTB Bodensee Oberschwaben: Thomas Schalski, M.A., Dipl. Sozialwirt Dipl. Sozialökonom, Leiter, Tel. 07546/9299901, E-Mail: thomas.schalski@eutb-bodensee-oberschwaben.de

Zum Teilhabebericht: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/der-paritaetische-teilhabebericht-2020-teilhabe-und-geschlecht-im-fruehen-und-mittleren-erwachsenenal/

 

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