Bürgergeld bietet keinen hinreichenden Schutz vor Armut

Maren Moormann, Sina Eichler, Katja Siegrist, Annika Beutel vor einem Zelt
Maren Moormann, Sina Eichler, Katja Siegrist, Annika Beutel

Paritätische Studie zeigt dramatische Mangelsituation von Menschen im Bürgergeld

Bürgergeld bietet keinen hinreichenden Schutz vor Armut 

 

Freiburg i.Br. - 20.10.2025 In Baden-Württemberg erhalten im Jahr 2024 rund 517.500 Menschen Bürgergeld, dabei liegt die Bürgergeldquote in Freiburg i.Br. bei sieben Prozent. Laut einer Studie des Paritätischen Gesamtverbandes leben in ganz Deutschland im selben Jahr etwa die Hälfte aller Bürgergeldbeziehenden in materieller Entbehrung. Jeder Dritte kann sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten, fast jeder Fünfte hat kein zweites Paar Schuhe und die Hälfte kann kaputte Möbel nicht ersetzen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg fordert, die Regelsätze regelmäßig und armutsfest an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten anzupassen. Die aktuellen Regelsätze reichen nicht aus, um Menschen im Bürgergeld vor materieller Not und Armut zu schützen. 

„Wer Bürgergeld in Baden-Württemberg bezieht, ist arm. Die Menschen haben deutlich weniger als die Armutsgrenze. Diese liegt hier für einen Einzelhaushalt bei 1.445 Euro im Monat. Wer bei einem Singlehaushalt durchschnittlichen einen Regelbedarf von 997 Euro hat, bekommt jeden Monat etwa 448 Euro zu wenig. Sie können sich weniger gesund ernähren und haben schlechtere Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe“, sagt Sabine Wild, Referentin für Armut beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Ein solidarisches Land brauche eine Grundsicherung, die die Betroffenen vor Armut und materieller Entbehrung schütze, so Wild weiter. „Armut ist kein persönliches Versagen, sondern ein Zeichen für strukturelle Ungleichheit – besonders in der Wohn- und Familienpolitik. Steigende Lebenshaltungskosten, hohe Mieten und unzureichende Regelsätze bringen immer mehr Familien in Baden-Württemberg in prekäre Lagen. Die Politik muss Armut endlich strukturell begegnen und an den Ursachen bekämpfen. Das geht nur durch soziale Sicherheit und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, so Wild. 

„Auch wenn manche Gruppen deutlich mehr betroffen sind: Armut kann Menschen unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildung treffen. Armut bedeutet nicht nur, zu wenig Geld zu haben. Arme Menschen müssen sich massiv einschränken und vor allem auf gesellschaftliche Teilhabe verzichten. Sie können viel seltener Freizeitaktivitäten wahrnehmen, was sie wiederum ausgrenzt. Das Bürgergeld muss Sicherheit und Perspektiven schaffen, damit niemand zurückgelassen wird. Es geht um soziale Gerechtigkeit, die faire und gleiche Chancen für alle Menschen gleichermaßen schafft“, betont Annika Beutel, Regionalleiterin des Paritätischen Südbaden.

„In der Freiburger Straßenschule müssen wir immer mehr Versorgungsansätze bieten. Das Geld der Menschen, die zu uns kommen, reicht nicht mehr fürs Essen“, berichtet Dorothee Annette Kreuzer, Mitarbeiterin der Freiburger Straßenschule. Die Besucher*innen wünschten sich zudem mehr Unterstützung, Verständnis sowie gesellschaftliche Akzeptanz auf Augenhöhe. Denn Armut bedeute auch Ausgrenzung und Einsamkeit.

Maren Moormann, Koordinatorin von Schwere(s)Los! e.V. appelliert an den Zusammenhalt in der Gesellschaft: „Ein jeder ist wie ein Stab der einzeln bricht, ein Bündel Stäbe bricht jedoch nicht.“

 

Die Paritätische Studie zur sozialen Lage von Menschen im Bürgergeld befindet sich unter folgendem Link Expertise_Entbehrungen_2025_web.pdf

 

Pressekontakte:

Katja Siegrist und Maren Moormann von Schwere(s)Los! e. V.: katja.siegrist@schwere-s-los.de 

Sina Eichler und Dorothee Annette Kreuzer von der Freiburger Straßenschule e. V.: Sina.Eichler@sos-kinderdorf.de

 

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 940 selbstständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de