Stuttgart 17.10.2025 In Baden-Württemberg erhalten im Jahr 2024 rund 517.500 Menschen Bürgergeld. Laut einer heute veröffentlichten Studie des Paritätischen Gesamtverbandes leben in ganz Deutschland im selben Jahr etwa die Hälfte aller Bürgergeldbeziehenden in materieller Entbehrung. Jeder Dritte kann sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten, fast jeder Fünfte hat kein zweites Paar Schuhe und die Hälfte kann kaputte Möbel nicht ersetzen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg fordert anlässlich des Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut (17.10.), die Regelsätze regelmäßig und armutsfest an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten anzupassen. Die aktuellen Regelsätze reichen nicht aus, um Menschen im Bürgergeld vor materieller Not und Armut zu schützen.
„Wer Bürgergeld in Baden-Württemberg bezieht, ist arm. Die Menschen haben deutlich weniger als die Armutsgrenze. Diese liegt hier für einen Einzelhaushalt bei 1.445 Euro im Monat. Wer bei einem Singlehaushalt durchschnittlichen einen Regelbedarf von 997 Euro hat, bekommt jeden Monat etwa 448 Euro zu wenig. Sie können sich weniger gesund ernähren und haben schlechtere Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe“, sagt Sabine Wild, Referentin für Armut beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Ein solidarisches Land brauche eine Grundsicherung, die die Betroffenen vor Armut und materieller Entbehrung schütze, so Wild weiter. „Armut ist kein persönliches Versagen, sondern ein Zeichen für strukturelle Ungleichheit – besonders in der Wohn- und Familienpolitik. Steigende Lebenshaltungskosten, hohe Mieten und unzureichende Regelsätze bringen immer mehr Familien in Baden-Württemberg in prekäre Lagen.Die Politik muss Armut endlich strukturell begegnen und an den Ursachen bekämpfen. Das geht nur durch soziale Sicherheit und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, so Wild.
Die Paritätische Studie zur sozialen Lage von Menschen im Bürgergeld befindet sich unter folgendem Link Expertise_Entbehrungen_2025_web.pdf
Hintergrundinformationen:
Armut in Baden-Württemberg
Auch im wirtschaftsstarken Südwesten bleibt Armut ein strukturelles Problem. So lag die Armutsgefährdungsquote in Baden-Württemberg laut Paritätischem Armutsbericht 2025 bei 13,2 Prozent, was einen Anstieg von 1,8 Prozentpunkten seit 2021 bedeutet. Rund 1,5 Millionen Menschen gelten damit als armutsgefährdet. Besonders betroffen sind hier nach wie vor Kinder und Jugendliche unter 18Jahren: rund 14,3% waren im Land demnach in 2024 von Armut betroffen oder akut bedroht – bei einem Anstieg von drei Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
Internationaler Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober 2025
1992 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen, den 17. Oktober zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut. Ziel ist es, den Widerstand der von Armut betroffenen Menschen gegen Elend und Ausgrenzung zu würdigen, den Notleidenden und ausgegrenzten Menschen Gehör zu verschaffen und sich mit den Allerärmsten dafür einzusetzen, dass die Rechte aller wirklich für alle gelten.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 940 selbstständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de