Bedarf an ambulanten Beratungsangeboten bei Essstörungen steigt

Junge Frau hält Gabel mit Salatblatt sowie leeren Teller in der Hand

Stuttgart 19.07.2024 Laut DAK Kinder- und Jugendreport 2023 sind in Baden-Württemberg die stationär behandelten Essstörungen bei jugendlichen Mädchen im Jahr 2022 gegenüber 2019 um 53 Prozent gestiegen, bundesweit um 52 Prozent. Die häufigste Form ist das Binge Eating (Essanfälle), die lebensbedrohlichste die Anorexie (Magersucht). Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg kritisiert den unzureichenden Ausbau spezieller Beratungsangebote für Essstörungen und der Frühprävention in Kitas und Schulen. Ein Grund für den rapiden Anstieg von Klinikaufenthalten wegen Essstörungen sei die deutliche Unterversorgung von ambulanten Anlauf- und Beratungsstellen in vielen Stadt- und Landkreisen im Land. Dabei sei wissenschaftlich erwiesen, dass eine frühe Behandlung bei Essstörungen sich positiv auf den Heilungsweg auswirke und einen späteren Klinikaufenthalt vermeiden könne, so der Verband.

„Essstörungen sind ernsthafte, psychosomatische Erkrankungen mit suchtähnlichem Charakter und teilweise dramatischen Auswirkungen und langfristigen Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit. Meist erkranken junge Menschen daran. Laut Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ist davon auszugehen, dass rund 18 Prozent der jungen Frauen und bis zu 2 Prozent der jungen Männer bis zum frühen Erwachsenenalter von einer Essstörung betroffen sind. Die Ursachen sind vielschichtig. Eine große Rolle spielt der Einfluss der Sozialen Medien und die dort vermittelten angeblichen Schönheitsideale“, erklärt Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Magersucht trete vor allem ab der Pubertät und Bulimie und Binge-Eating-Störungen erst ab dem späteren Jugendalter auf. „Es ist wichtig, Essstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um Klinikaufenthalten und chronischen Krankheitsverläufen vorzubeugen. Deshalb müssen die ambulanten Anlauf- und Beratungsstellen in Baden-Württemberg möglichst flächendeckend ausgebaut und bestehende Hilfesysteme miteinander verzahnt werden“, so Dürig.

„Als Anlauf und Fachberatungsstelle beraten wir unabhängig von Alter und Geschlecht sowohl die Betroffenen selbst, als auch deren häufig mitbetroffenen Angehörigen und Bezugspersonen. Das Spektrum reicht von auffälligem über das gestörte Essverhalten bis zur chronifizierten Essstörung unterschiedlichster Ausprägungen. Wir erhalten bei ABAS viele Anfragen landes- und bundesweit, da bereits die „Erst-Versorgung“ hinsichtlich geeigneter Hilfsangebote leider nicht flächendeckend gegeben ist – dadurch wird der Einstieg in eine Behandlung verzögert und es kann zu Chronifizierungen kommen, die eine oft jahrelange professionelle Begleitung nach sich ziehen. Eine Essstörung erfordert in aller Regel eine multiprofessionelle Behandlung. Die Beratungsstellen erfüllen neben der psychosozialen Begleitung in der fachlichen Einschätzung, Information und Weitervermittlung eine zentrale Rolle vom „Türöffner bis zur Nachsorge“. Auch die wichtigen Angebote im Präventionsbereich werden meist von ihnen geleistet“, ergänzt Marianne Sieler, Systemische Therapeutin bei ABAS, Anlauf- und Fachstelle bei Essstörungen vom GesundheitsLaden e.V. in Stuttgart.

Pressekontakt A.B.A.S.: Marianne Sieler, Tel. 0711/30 56 85 40, E-Mail: marianne.sieler@abas-stuttgart.de, www.abas-stuttgart.de

Hinweis an die Redaktionen:

Paritätisches Positionspapier zur Versorgungslage bei Essstörungen in Baden-Württemberg veröffentlicht: Zum Download: https://paritaet-bw.de/system/files/abschnittdokumente/positionspapier-mit-linksf.pdf

Landespsychiatrietag 2024

Der Landespsychiatrietag „Gemeinsam stärker“ findet am 20.07.2024 im Hospitalhof in Stuttgart statt. Im Zentrum steht die Frage, wie wir in Zeiten multipler Krisen und zunehmender Unsicherheit psychisch gesund bleiben bzw. werden und welche Rolle dabei die Selbsthilfe spielen kann. Kinder und Jugendliche leiden besonders an den Auswirkungen der Corona-Pandemie und psychische Erkrankungen haben in dieser Altersgruppe einen hohen Anstieg zu verzeichnen. Daher soll beim Landespsychiatrietag 2024 dieser Personengruppe besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Am Landespsychiatrietag wird zudem der Kunstpreis „so gesehen“ verliehen. Veranstalter sind die Liga der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg und weitere Verbände. Das Programm und alle weiteren Informationen finden sich unter: www.landespsychiatrietag.de 

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg - gegründet 1948 - ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. In den kommenden Jahren wird sich der Paritätische Baden-Württemberg verstärkt drei Strategiefeldern widmen: - Zusammenhalt in einer vielfältigen, inklusiven und demokratischen Gesellschaft - zukunftsfähige Lebensräume - Soziale Innovationen. Ihm sind in Baden-Württemberg über 920 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de