Armut in Baden-Württemberg erreicht mit 13,2 Prozent weiteren Höchststand

Leerer brauner Geldbeutel

Stuttgart 29.04.2025 – 13,2 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg lebten im Jahr 2024 in Armut. Damit stieg die Armutsquote gegenüber dem Vorjahr um 1,3 Prozentpunkte und erreicht einen weiteren Höchststand. 1,5 Millionen Menschen sind betroffen, rund 160.000 mehr als im Jahr 2023. Das geht aus dem heute veröffentlichten Paritätischen Armutsbericht hervor. Demnach verloren insbesondere einkommensarme Menschen wie Alleinerziehende, junge Erwachsene und Rentner*innen in den vergangenen Jahren an Kaufkraft und rutschen tiefer in die Armut. Im Ländervergleich weist Baden-Württemberg die zweitniedrigste Armutsquote nach Bayern (11,8 Prozent) auf. Bundesweit liegt sie bei 15,5 Prozent und ist um 1,1 Prozentpunkte gestiegen.

„Die Armut von Menschen mit geringem Einkommen ist auch hier im Land ein zunehmendes Problem, das dringend Lösungen braucht. Die Kaufkraft in Baden-Württemberg war für 2024 laut Hochrechnung des Marktforschungsinstitut GfK am zweithöchsten hinter Bayern. Dennoch ist die Zahl der armen Menschen um rund 160.000 Personen angestiegen. Das ist für ein reiches Land ein Armutszeugnis“, betont Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Vor allem Alleinerziehende, Familien mit drei und mehr Kindern, Frauen, Migrant*innen und Menschen ab dem 65. Lebensjahr gerieten durch hohe Lebenshaltungskosten zunehmend in finanzielle Not. Um Armut wirksam zu bekämpfen, seien bessere Erwerbseinkommen, der Ausbau der Grundsicherung und eine armutsfeste Mindestrente erforderlich. Auch die Landesregierung müsse alles Erdenkliche tun, um Armut wirksam zu bekämpfen. Ein wichtiger Schritt sei die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. „Hohe Mietkosten sind nicht nur ein Armutsrisiko. Die Höhe der Miete ist entscheidend, wie viel Geld noch für Essen, Kleidung, Freizeitgestaltung, aber auch die Gesundheit zur Verfügung stehen“, so Hartmann weiter. Zudem bedürfe es einer wirksamen und bedarfsgerechten Familienförderstrategie, die auch niederschwellige Beratungsmöglichkeiten zu Leistungen für Bildung und Teilhabe sowie Hilfen und Angeboten für Familien mit wenig Einkommen schafft.

„Familien müssen sich auf eine gute soziale Infrastruktur verlassen können, die sie dabei unterstützt, familiäre Sorgearbeit zu leisten. Familienarmut ist auch immer Kinderarmut. Die Auswirkungen treffen Kinder unmittelbar und vor allem unverschuldet – beengte Wohnverhältnisse, keine Rückzugsmöglichkeiten oder Platz zum Lernen, kaum Teilhabemöglichkeiten, gesundheitliche Folgen, fehlende Bildungsgerechtigkeit und damit geringere berufliche Perspektiven. Ziel muss es also sein, die soziale Vererbbarkeit von Armut zu stoppen und allen Kindern eine faire, gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hierbei sind die Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut und Projekte im Rahmen „Starke Kinder chancenreich“ eine positive, strukturelle und längerfristige Weichenstellung des Landes, die jedoch unbedingt ausgebaut und finanziell auskömmlich gesichert sein müssen“, ergänzt Sabine Wild, Referentin für Armut beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg.

Der Paritätische Armutsbericht 2025 „Verschärfung der Armut‘ ist der erste Teil einer neuen Reihe von Armutsberichten mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Der Bericht stützt sich dabei insbesondere auf die Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt MZ-SILC. Mehr Informationen und den Bericht zum Download unter www.der-paritaetische.de/armutsbericht

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist konfessionell, weltanschaulich und parteipolitisch unabhängig. Er steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 930 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de