ALARM – Jetzt REICHt’s! Mut zur Solidarität
Das Heidelberger Bündnis gegen Armut und Ausgrenzung gestaltet auch in diesem Jahr Aktionswochen gegen Armut und Ausgrenzung in Heidelberg. Am zentralen Wochenende 10.10. – 12.10.2025 finden in der Chapel (Südstadt) gleich mehrere Veranstaltungen statt. Das Wochenendprogramm, und was wir sonst noch Interessantes während der zwei Aktionswochen zu bieten haben, entnehmen sie diesem Programmheft. ALARM – immer mehr Menschen in unserer Stadt sind von Armut und Ausgrenzung betroffen: Inflation, steigende Mieten, stagnierende Löhne und ein klammer kommunaler Haushalt bilden den sozialen Sprengstoff, der es wichtiger denn je macht, gemeinsam für eine gerechtere Gesellschaft einzustehen. Das Motto „Mut zur Solidarität“ lädt uns alle ein, den Mut zu finden, unsere Mitmenschen zu unterstützen, ihre Lebensumstände zu verbessern und für ihre Rechte einzutreten.
Armut und Ausgrenzung betreffen längst nicht mehr „nur“ Leistungsbezieher, wohnungslose oder mobilitätseingeschränkte Menschen, sondern zunehmend die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“. Alleinerziehende, junge Familien, Studierende, Erzieher*innen, Handwerker*innen und Rentner*innen können sich die Mieten in Heidelberg nicht mehr leisten. Viele sind auf Lebensmittelspenden angewiesen, Geburtstagsgeschenke für die Kinder gibt es schon lange nicht mehr, an Urlaub ist nicht zu denken.
Genau in einer solchen ALARM-Situation ist unser Mut zur Solidarität gefragt! Solidarität bedeutet, nicht nur Mitgefühl zu zeigen, sondern aktiv zu handeln – sei es durch ehrenamtliches Engagement, Spenden oder einfach durch ein offenes Ohr. Jeder Beitrag zählt und kann einen Unterschied machen.Gemeinsam können wir Barrieren abbauen, Vorurteile überwinden und eine Stadtgesellschaft schaffen, in der niemand ausgegrenzt wird. Sie fragen sich wie das gelingen kann? Private Vermieter könnten entgegen dem Trend von einer Mieterhöhung absehen, Nachbarn könnten einmal die Woche das Kind der Alleinerziehenden von der Kita abholen und so einen Arbeitsplatz erhalten. Sie haben zu viel gekocht? Vielleicht möchte die Rentnerin von gegenüber gerne noch etwas vom Auflauf abhaben?
Lasst uns in dieser Aktionswoche Mut zur Solidarität zeigen. Zusammen sind wir stärker!
Zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober 2025
Paritätische Studie zeigt dramatische Mangelsituation von Menschen im Bürgergeld
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg warnt: Bürgergeld bietet keinen hinreichenden Schutz vor Armut
Mannheim/Stuttgart 17.10.2025 In Baden-Württemberg erhalten im Jahr 2024 rund 517.500 Menschen Bürgergeld. In Mannheim liegt laut Bundesagentur für Arbeit (Juni 2025) die Bürgergeldquote bei 10,7 Prozent. Laut einer heute veröffentlichten Studie des Paritätischen Gesamtverbandes leben in ganz Deutschland im selben Jahr etwa die Hälfte aller Bürgergeldbeziehenden in materieller Entbehrung. Jeder Dritte kann sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten, fast jeder Fünfte hat kein zweites Paar Schuhe und die Hälfte kann kaputte Möbel nicht ersetzen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und fordert anlässlich des Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut (17.10.), die Regelsätze regelmäßig und armutsfest an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten anzupassen. Die aktuellen Regelsätze reichen nicht aus, um Menschen im Bürgergeld vor materieller Not und Armut zu schützen.
„Wer Bürgergeld in Baden-Württemberg bezieht, ist arm. Die Menschen haben deutlich weniger als die Armutsgrenze. Diese liegt hier für einen Einzelhaushalt bei 1.445 Euro im Monat. Wer bei einem Singlehaushalt durchschnittlichen einen Regelbedarf von 997 Euro hat, bekommt jeden Monat etwa 448 Euro zu wenig. Sie können sich weniger gesund ernähren und haben schlechtere Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe“, sagt Sabine Wild, Referentin für Armut beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Ein solidarisches Land brauche eine Grundsicherung, die die Betroffenen vor Armut und materieller Entbehrung schütze, so Wild weiter. „Armut ist kein persönliches Versagen, sondern ein Zeichen für strukturelle Ungleichheit – besonders in der Wohn- und Familienpolitik. Steigende Lebenshaltungskosten, hohe Mieten und unzureichende Regelsätze bringen immer mehr Familien in Baden-Württemberg in prekäre Lagen. Die Politik muss Armut endlich strukturell begegnen und an den Ursachen bekämpfen. Das geht nur durch soziale Sicherheit und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“, so Wild.
Dr. Verena Mayer, Gründungs- und Vorstandsmitglied von Ausweg Rhein Neckar e.V. in Mannheim betont: „Es braucht mehr Kapazitäten im Jobcenter, damit Anträge und vorläufige Bewilligungen kürzere Bearbeitungszeiten haben. So können Miet- und andere Schulden vermieden werden. Weniger Menschen droht damit der Verlust ihrer Wohnung. Dann wünschen wir uns transparente Informationen, bis zu welcher Höhe Mietkosten vom Jobcenter als Kosten für Unterkunft anerkannt werden. Außerdem sollte weiterhin die Qualifizierung von Betroffenen im Bürgergeldbezug im Fokus stehen – gerade da es im Mannheimer Arbeitsmarkt trotz eines hohen Anteils an offenen Stellen nur wenige Angebote für ungelernte Helfer*innen gibt. Hier fordern wir einen transparenten Umgang und keine Scheindebatte, die den Eindruck erweckt, Betroffene wollen nicht arbeiten gehen. Des Weiteren wünschen wir uns neben dem Sozialatlas, der einen sehr guten Einblick bezüglich der Zahl an Leistungsbeziehenden vermittelt, einen vertiefenden kommunalen Armutsbericht. Dieser muss auch armutsbetroffene und -gefährdete Gruppen miteinbeziehen, die keine Leistungen erhalten wie Menschen mit kleinen Einkommen, Azubis, BAföG-Beziehende, Menschen in Elternzeit, Menschen, die Angehörige pflegen, Menschen, die von kleinen Alters- oder Erwerbsminderungsrenten leben.“