Der Besuch von Ulf Hartmann, Vorstand des Paritätischen Baden-Württemberg, beim Verein Leben mit Behinderung Ortenau (LmBO) stand im Zeichen aktueller Herausforderungen in der Behindertenhilfe. Die Vereinsvorstände Joachim Haas und Wolfgang Dürr sowie Ingrid Oswald, Leiterin des Amts für Soziales im Ortenaukreis, diskutierten mit ihm über die Zukunft sozialer Arbeit.
Der Landesverband des Paritätischen sucht deshalb als Vertretung seiner Mitgliedsorganisationen immer wieder das Gespräch mit der Landespolitik, denn die zahlreichen Angebote der sozialen Dienstleister erreichen eine Vielzahl von Menschen und entfalten große Wirkung in der Gesellschaft. Ihnen kommt damit eine große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu und große Verantwortung. Vorausschauende gemeinsame Planungen aller Beteiligten sind deshalb für Hartmann von hoher Relevanz. „Wir haben ja kein Erkenntnisproblem. Aber wir brauchen einen neuen Blick auf die Systeme“, so seine Forderung, „schließlich haushalten wir mit endlichen Mitteln und es zeichnet sich ab, dass die Probleme wachsen.“ Für Vereinsvorstand Wolfgang Dürr bedeutet dies, dass es keine soziale Polarisierung geben darf. „Wir sollten es tunlichst vermeiden, die verschiedenen sozialen Bereiche gegeneinander auszuspielen“.
Hartmann kritisierte die zunehmende Verlagerung von Aufgaben auf die Kommunen, ohne dass entsprechende Mittel bereitgestellt würden. Oswald verdeutlichte die Dimensionen: Rund 3.600 Menschen mit Behinderung erhalten im Ortenaukreis Leistungen nach dem Bundesteilhabegesetz, der Aufwand für soziale Leistungen liegt bei über 220 Millionen Euro jährlich. Besonders in der Eingliederungshilfe bestehen ungelöste Probleme, etwa bei Menschen mit hohem Assistenzbedarf.
Dies erläuterte Joachim Haas am Beispiel der Kurzzeiteinrichtung, die LmBO in Achern-Gamshurst unterhält. Der Bedarf an Kurzzeitbetreuungsplätzen für Menschen mit schwersten Behinderungen in Baden-Württemberg ist deutlich höher als das vorhandene Platzangebot. Die wenigen existierenden Einrichtungen, wie die des Vereins, können das Angebot oft nur mit eigenen finanziellen Mitteln aufrechterhalten, da die Kosten unzureichend gegenfinanziert sind. Viele Anfragen aus dem ganzen Land zeigen den hohen Bedarf und die Dringlichkeit besserer Finanzierung und stärkerer Beteiligung der Landkreise, die einen sehr wichtigen Baustein in der Entlastung der betroffenen Familien darstellt.
Ulf Hartmann war zum Ende seines Besuchs überzeugt: „Wenn die Zusammenarbeit und Kooperation von Politik, Leistungsträgern und Leistungserbringern so positiv gelingen wie im Ortenaukreis, dann blicke ich mit einem guten Gefühl auf die herausfordernden Zeiten, denen die soziale Arbeit entgegenblickt.“