Interview mit Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit
Der ständige Wandel der Arbeitswelt stellt immer neue Anforderungen an Arbeitskräfte. Wie müssen aus Ihrer Sicht Arbeits- und Beschäftigungsangebote weiterentwickelt werden, damit auch in Zukunft arbeitslose Menschen erfolgreich ins Erwerbsleben integriert werden können?
Der Arbeitsmarkt verändert sich rasant – und das muss sich auch in unseren Arbeitsangeboten widerspiegeln. Berufsbilder verändern sich und gleichzeitig entstehen neue Berufe. Lebenslanges Lernen und die Erweiterung von Kompetenzen werden Teil unseres beruflichen Alltags sein. Die Arbeitsangebote müssen deshalb an den Lebenslagen, Kompetenzen und Potenzialen der Menschen ansetzen und an den tatsächlichen Bedarfen von Arbeitgebern ausgerichtet sein. Deshalb ist es wichtig, die Qualifizierungsangebote so praxisnah wie möglich zu gestalten. Bei arbeitslos gemeldeten Menschen kommt es mehr denn je auf aktuelle berufliche Kompetenzen an. Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung – die Arbeitslosenquote von Ungelernten liegt bundesweit bei 20,9 Prozent, in Baden-Württemberg bei 14 Prozent – haben hier einen längeren Integrationsweg vor sich. Gerade für arbeitslose Menschen sind Praxisnähe, betriebliche Erprobungen und, wenn möglich, auch der Quereinstieg besonders wichtig.
Gleichzeitig besteht die Herausforderung darin, jeden mitzunehmen. Dafür müssen Qualifizierungsangebote für Menschen mit geringen fachlichen oder sprachlichen Vorkenntnissen niedrigschwellig sein, um ihnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das bedeutet für mich: einfache Zugänglichkeit und unbürokratische Strukturen.
Welche Rolle spielen dabei die gemeinnützigen Bildungs- und Beschäftigungsträger in der strategischen Ausrichtung der BA?
Gemeinnützige Träger sind zentrale Akteure in der Bildungslandschaft und übernehmen eine Brückenfunktion zwischen Arbeitsmarkt und Gesellschaft. Sie sind daher wichtige Partner und spielen eine besondere Rolle für Menschen in der Grundsicherung, weil sie auch eine sozialpädagogische Betreuung anbieten, die in dem Umfang von den Jobcentern nicht angeboten werden kann. Damit können sie lebensnahe Angebote anbieten und vor allem individuell eng begleiten. Sie sind fester Bestandteil in regionalen Netzwerken und vernetzten Bildungsräumen und bringen dort ihr Know-how und soziale Expertise ein. Damit gestalten sie die Weiterbildungslandschaft aktiv mit.
Wie sollte sich die Zusammenarbeit zwischen gemeinnützigen Trägern, privatwirtschaftlichen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen künftig gestalten, um gemeinsam innovative Ansätze zur Integration von Langzeitarbeitslosen zu entwickeln?
Aus Sicht der BA braucht es ein starkes Zusammenspiel aller relevanten Akteure mit einer gemeinsamen Strategie zur Integration von Langzeitarbeitslosen. Innovative Ansätze entstehen dort, wo unterschiedliche Perspektiven bewusst zusammengebracht werden: Arbeitsverwaltung und noch stärker die gemeinnützigen Träger mit ihrer Nähe zu den Menschen, Unternehmen mit ihrem Blick auf betriebliche Realitäten, und die öffentliche Hand allgemein mit dem Auftrag, Rahmenbedingungen verlässlich zu gestalten. Aus den Erkenntnissen zum Teilhabechancen-Gesetz wissen wir: Um die positiven Wirkungen der Förderungen auf soziale Teilhabe, Gesundheitsempfinden und Beschäftigungsfähigkeit nachhaltig zu gestalten, bedarf es gesicherter Anschlussperspektiven für die Menschen, die schon lange raus sind aus dem Job und das erreichen wir vor allem gemeinsam.
Beitrag aus ParitätInform 2/2025