Armut bringt die Kritik an der ungerechten Verteilung von Lebenschancen auf den Begriff. Mitten in einer reichen Gesellschaft gibt es Menschen, denen eine normale Lebensführung unmöglich ist. Es fehlt ihnen schlicht und einfach das Geld, um einen normalen Lebensstandard zu finanzieren. Nach den jüngsten Befunden im Paritätischen Armutsbericht 2025 sind 13 Mio. Menschen oder 15,5 Prozent der Menschen in Deutschland arm. Konsequenterweise ruft der Paritätische Gesamtverband die Bundesregierung dazu auf, die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung jetzt ganz oben auf die Agenda zu setzen.
Armut bedeutet nicht nur abstrakt, zu wenig Geld zu haben. Arme Menschen müssen sich massiv einschränken und vor allem auf soziale Teilhabe verzichten. Einkommensarme Menschen können sich viel seltener als andere Menschen Freizeitaktivitäten, gemeinsame außerhäusige Mahlzeiten oder einmal einen kurzen (Familien-) Urlaub leisten. Viele vereinsamen. An politische Mitwirkung ist unter diesen Umständen kaum zu denken. Ihre Interessen werden politisch kaum berücksichtigt.

Armut beschämt und wertet ab. Die jüngeren Debatten zum Umgang mit Menschen mit Migrationsgeschichte oder Bürgergeldbeziehen-den verschärfen das Problem. Hilfebedürftige Menschen werden stigmatisiert statt unterstützt. Auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums haben Menschen in Not aber aus guten Gründen einen verfassungs- wie menschenrechtlich geschützten Anspruch. Soziale Rechte sind das Fundament der Demokratie: Sie sind die Voraussetzung für die notwendige wechselseitige Anerkennung der Menschen eines Landes als gleichberechtigt und gleichwürdig.
Die Berichterstattung ist für den Paritätischen ein wichtiges Mittel, um auf den Skandal Armut aufmerksam zu machen. Es wird politischer Handlungsbedarf aufgezeigt. Für die Zukunft soll die bisherige Berichterstattung erweitert werden. Neben der allgemeinen Armutsentwicklung sollen künftig in separaten Berichten die Probleme einzelner Gruppen, mit denen die Soziale Arbeit täglich konfrontiert ist, stärker hervorgehoben werden.

Armutsbekämpfung ist demokratie- und teilhabefördernd: Der Reichtum der Gesellschaft muss gerechter verteilt werden. Es ist genug für Alle vorhanden. Die zentralen Stellschrauben: Auskömmliche Erwerbsarbeit und soziale Sicherung, finanzierbare Wohnungen und Mobilität, Bildung und Qualifizierung sowie ein gut ausgebautes System an sozialen Diensten. Mit diesen Mitteln lässt sich eine soziale und demokratische Gesellschaft schaffen, in der die Menschen solidarisch miteinander umgehen. Niemand muss in Armut leben, und alle haben gleichermaßen die Gelegenheit, sich aktiv in das Erwerbsleben, die Gesellschaft und die Politik einzubringen. Eine realistische Utopie, für die sich der Einsatz lohnt!
Dr. Andreas Aust
Referent für Sozialpolitik, Paritätische Forschungsstelle
Beitrag aus ParitätInform 2/2025