Interview mit Sozialminister Manne Lucha

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Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration spricht im Interview mit PARITÄTINFORM über die Bedeutung und Zukunft der Selbsthilfe sowie Pläne

Wie bewertet das Land die Bedeutung der Selbsthilfe für das Gesundheitssystem?

Die Selbsthilfe in Deutschland ist vielfältig: Selbsthilfevereinigungen, Selbsthilfegruppen und Selbsthilfekontaktstellen gehören dazu. Bundesweit sind es 70.000 bis 100.000 Gruppen mit rund drei Millionen Betroffenen oder Angehörigen. Rund die Hälfte ist nicht als Verein organisiert. 

Selbsthilfegruppen ergänzen unser Gesundheitssystem wesentlich. Sie helfen Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen, ihren Alltag zu bewältigen.

Wir unterstützen Selbsthilfegruppen chronisch Kranker, Selbsthilfekontaktstellen, Selbsthilfegruppen nach Krebs sowie im Bereich der Sucht- und Behindertenhilfe und der Aids-Hilfen. Auch Gruppen, die sich um seelische Gesundheit kümmern, gehören dazu. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe der öffentlichen Hand, der Krankenkassen und aller Sozialleistungsträger. 

Unser Ministerium fördert auch die Arbeit der Selbsthilfe chronisch kranker Menschen, damit sie besser mit ihren Krankheiten leben können. Die Landesförderung ist eine freiwillige Leistung. Unser Grundsatz: Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Im Doppelhaushalt 2025/2026 haben wir 567.000 Euro für die Selbsthilfe auf dem Gebiet der Gesundheitspflege eingeplant. Die Kontakt- und Informationsstellen bekommen 169.000 Euro. Die gesundheitsbezogene Selbsthilfe ist auch am Gesundheitsleitbild von Baden-Württemberg beteiligt.

Gibt es Pläne, die Förderung von Selbsthilfegruppen und -kontaktstellen in den nächsten Jahren auszubauen?

Seit 1. April 2018 gibt es die Landesselbsthilfekontaktstelle SEKIS Baden-Württemberg. Sie unterstützt die Selbsthilfe und entwickelt sie weiter. Wir möchten, dass Selbsthilfe auch künftig die Unterstützung bekommt, die sie für eine effektive Arbeit braucht. Konkrete Pläne und Maßnahmen erarbeiten wir auch in Zukunft immer aufs Neue.

Was kann das Land tun, um die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe, Kliniken und anderen Akteuren weiterzuentwickeln?

Unser Ministerium hält engen Kontakt zu den unterschiedlichen Initiativen und tauscht sich mit den Vertreterinnen und Vertretern der Regelversorgung und der Selbsthilfe aus. So helfen wir der Selbsthilfe sich zu vernetzen. Im Landesausschuss für Gesundheit und Pflege (SLA) haben wir uns in jüngster Zeit vor allem um die Betroffenen des Krankheitsbildes ME/CFS und Post-Vac gekümmert.

Wie sieht für Sie die Selbsthilfe der Zukunft aus?

Selbsthilfe ist ein grundlegender Bestandteil unseres sozialen Unterstützungssystems. Wir wollen die Selbsthilfe künftig weiter stärken und an die Bedürfnisse der Gesellschaft anpassen.

Ganz wichtig ist es uns, die Inklusion zu fördern: Selbsthilfegruppen müssen für alle Menschen zugänglich sein, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Behinderung. Alle sollen Unterstützung finden und sich mit Gleichgesinnten austauschen.

Selbsthilfegruppen sollen mit Fachleuten und sozialen Einrichtungen Kontakt halten und Ressourcen gemeinsam nutzen. Dabei helfen auch Online-Plattformen und virtuelle Treffen. Hier können auch Menschen mitmachen, die nicht so mobil sind. Wir sehen die Selbsthilfe der Zukunft als dynamisch und integrativ. Sie unterstützt die Menschen in schwierigen Lebenslagen und hilft ihnen, die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.