Demokratiebildung schon in der Kita

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Kinder strecken die Hände in die Höhe
„Eine demokratisch verfasste Gesellschaft ist die einzige Gesellschaftsform, die gelernt werden muss“, stellt Oskar Negt fest.

Die Demokratie verschwindet, wenn die Gesellschaft nicht dafür sorgt, dass jede und jeder das Demokrat-Sein von Anfang an lernt. Doch wo und wie lernt man Demokratie? Am besten schon in der Kita. Denn dort machen die Kinder erste Erfahrungen mit der Art und Weise, wie sich das außerfamiliäre Zusammenleben in einer sozialen Gemeinschaft gestalten lässt. Und das kann mehr oder weniger am Vorbild unserer großen Demokratie orientiert sein. „Die Erwachsenen sind die Bösse!“, stellen die Kinder sehr schnell fest, wenn sie in die Kita kommen. Die haben das Sagen und von ihrem Wollen und Willen sind die Kinder abhängig. Als Kind muss man also nur schnell groß und stark werden, dann hat man auch Macht, die Macht des Stärkeren. Doch halt – wollen wir, dass unsere Kinder das lernen? Oder sollen sie nicht vielmehr schon von Anfang an erfahren, was es bedeutet, Rechte zu haben, gemeinsam Verantwortung für das Zusammenleben zu übernehmen und sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Regeln in der Kita gelten sollen und was passiert, wenn diese Regeln verletzt werden? 

„Eine Kindertagesstätte in einem Mehrgenerationenzentrum lebt vom Austausch und dem Zusammenleben mit den anderen Bereichen. Es ist unsere Absicht, dass die KiTa als Teil vom Ganzen offen ist, sich die Menschen begegnen können und die Kinder diese Offenheit als ganz natürlichen Teil erleben und damit aufwachsen.“ sagt Monika Lang, Leitung der Kita Pasodi. 

Das derzeit umfassendste Konzept für Demokratiebildung in Kindertageseinrichtungen ist „Die Kinderstube der Demokratie“ von Hansen, Knauer und Sturzenhecker (2011). Es ermöglicht Kita-Teams, ihre Einrichtung als demokratischen Ort zu gestalten: In einer „Verfassunggebenden Versammlung“ klären die Fachkräfte die grundlegenden (Mitentscheidungs-)Rechte der Kinder, entwerfen verlässliche Beteiligungsgremien und schreiben beides in einer „Kita-Verfassung“ fest. Sie gestalten die Beteiligungsverfahren methodisch angemessen und bemühen sich, respektvolle und dialogische Beziehungen zu allen Beteiligten einzugehen. So lernen die Kinder Demokratie, indem sie Demokratie erleben. 

ein eng mit Regeln beschriebener großer Zettel

Auf diesen Weg hat sich die Kita Pasodi gemacht und eine Kita-Verfassung erarbeitet. Dabei erforderte das ein oder andere Thema eine intensivere Diskussion im Team, um sich auf die Rechte der Kinder zu einigen. In der Umsetzung fiel auf, dass vor allem die älteren Kinder erst einmal lernen mussten, dass Demokratie nicht automatisch bedeutet, dass sie immer Recht haben oder Recht bekommen und dass es in der KiTa andere Rechte geben kann als zu Hause. Doch das Team ist froh, die Kinder jetzt noch stärker zu beteiligen. Denn in der Folge bringen die Kinder immer öfter ihre Ideen und Vorstellungen ein - inzwischen auch ohne Aufforderung durch die pädagogischen Fachkräfte. Erstes Highlight war die Entstehung einer kleinen „Weihnachtsrevue“ mit Tanz, Gesang und Gedichten rund um das von den Kindern ins Spiel gebrachte Thema „Bäume“. 

 

Andrea Gerth, Multiplikatorin für den Ansatz der Kinderstube der Demokratie
Monika Lang, Leitung der Kita Pasodi