Soziale Einrichtungen und Dienste mit dem Rücken zur Wand

Pressemitteilung - geschrieben am 18.02.2022 - 08:13

Stuttgart 18.02.2022   Die einrichtungsbezogene Impfpflicht zum 15. März stellt nicht nur die Gesundheits- und Pflegebranche vor große Probleme. Auch Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Jugendhilfe, die seelisch behinderte Kinder und Jugendliche betreuen, sind betroffen. Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und soziale Organisationen warnen vor einer gravierenden Verschärfung des bereits bestehenden Fachkräftemangels und sehen die Versorgungssicherheit im Land akut gefährdet. Bei der Umsetzung und Definition vulnerabler Personengruppen gebe es noch viele offene Fragen. Außerdem müsse die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht mit einer allgemeinen Impfpflicht synchronisiert werden.

„Die einrichtungsbezogene Impfpflicht stellt die betroffenen sozialen Einrichtungen und Dienste vor große Herausforderungen. Bei der Umsetzung gibt es weiterhin noch viele Unklarheiten und Unwägbarkeiten im Arbeitsrecht, Ordnungsrecht, Haftungsrecht, bei der Personaleinsatzplanung oder auch der Personalkalkulation“, erklärt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Grundsätzlich sollten Einrichtungen, die Kinder und Jugendliche mit einer seelischen Behinderung betreuen, nicht unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen. Junge Menschen mit einer seelischen Behinderung wiesen zwar eine Vulnerabilität im psychosozialen, aber nicht im infektiologischen Sinn mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs bis hin zur Sterblichkeit auf. Personalengpässe dürften nicht dazu führen, dass der Kinderschutz in einzelnen Fällen durch fehlende Angebote teilweise nicht mehr sichergestellt werden könne. „Unsere Einrichtungen können nur in dem Umfang ihr Angebot aufrechterhalten, wie Personal zur Verfügung steht. Wenn die Fachkräfte und Mitarbeitenden in der Pflege und Behindertenhilfe fehlen, droht ein Versorgungs-Kollaps. Die Betreuung und Unterstützung fällt dann auf die Angehörigen zurück mit Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft“, so Wolfgramm.

„In der Behindertenhilfe benötigen wir dringend jede Hand, um die Menschen würdevoll in ihrem Leben begleiten und fördern zu können und den gesetzlich vorgeschriebene Betreuungsschlüssel auch einhalten zu können,“ sagt Cornelia Lentl, Geschäftsführende Vorständin der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach e.V. in Herdwangen-Schönach.

Till Medick, Geschäftsführender Vorstand der Sozialtherapeutischen Einrichtung Buchhof e.V. in Schwäbisch Hall unterstreicht: „Unser Personal arbeitet seit Beginn der Pandemie über Ihrer Belastungsgrenze. Die einrichtungsbezogene Impflicht verschärft die personelle Situation ungemein und führt zwangsläufig dazu, dass die Versorgung unserer Klientinnen und Klienten nicht mehr gewährleistet werden kann. Vor allem im Bereich der Arbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung, in der die Beziehungsarbeit ein wichtiger Aspekt ist, können Mitarbeitende nicht einfach ersetzt werden“, so Medick.

Für uns sind alle Mitarbeitenden unabhängig von Impfstatus gleichermaßen geschätzt und wertvoll und wir respektieren die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Impfung. Dennoch tragen sich Mitarbeitende mit dem Gedanken, sich beruflich gänzlich umzuorientieren und es ist damit zu rechnen, dass diese dann nicht mehr zurückkehren werden“, ergänzt Dr. Monika Betz, Vorständin bei der Stiftung Lebenshilfe Zollernalb in Bisingen.

Der Paritätische Baden-Württemberg fordert bei der einrichtungsbezogenen Impflicht eine Umsetzung mit Augenmaß, bei der die individuelle Gesundheit der betreuten Menschen sowie deren gesicherte Versorgung gleichsam im Mittelpunkt stehen. Außerdem bittet der Landesverband dringend um eine Synchronisation der einrichtungsbezogenen Impfpflicht mit der allgemeinen. Nur so kann verhindert werden, dass sich dringend gebrauchte Fachkräfte nach einem Job in einem ganz anderen Beruf umsehen.

Kontakt bei Rückfragen:

Cornelia Lentl, Geschäftsführende Vorständin der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach e.V. in Herdwangen-Schönach, Tel. 07552/ 262120, E-Mail: c.lentl@lautenbach-ev.de, www.lautenbach-ev.de

Dr. Monika Betz, Vorständin bei der Stiftung Lebenshilfe Zollernalb in Bisingen, Tel.: +49 7476 899-103, E-Mail: monika.betz@lebenshilfe-zollernalb.de, www.lebenshilfe-zollernalb.de
 

Till Medick, Geschäftsführender Vorstand der Sozialtherapeutischen Einrichtung Buchhof e.V. in Schwäbisch Hall, Tel. 0791/94674747, E-Mail: t.medick@buchhof.com, www.buchhof.com

 

 

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