PARITÄTISCHER fordert bessere Versorgung für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche im Land

Pressemitteilung - geschrieben am 30.10.2019 - 14:15

Stuttgart 10.10.2019   Anlässlich des Internationalen Tages der seelischen Gesundheit fordert der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg für Kinder und Jugendliche mit schweren psychischen Erkrankungen eine bessere flächendeckende Versorgung. Das betreffe die vollstationäre und teilstationäre Behandlung ebenso wie spezielle therapeutische Wohngruppen, so der Verband. Alarmierend sei die Zahl an Suiziden bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Aktuell lag sie in Baden-Württemberg bei knapp 140 Fällen (Quelle: Statistisches Landesamt 2016) und gilt als zweithäufigste Todesursache in dieser Altersgruppe. Hier sind vor allem zusätzliche präventive Angebote wie Krisen- und Onlineberatungen erforderlich.

„Die wenigen in Baden-Württemberg vorhandenen spezialisierten Einrichtungen für schwer psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche sind an ihren Kapazitätsgrenzen“, betont Sven Reutner, Referent für Sozialpsychiatrie und Behindertenhilfe beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. „Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet dies lange Wartezeiten auf einen stationären Therapieplatz und eine anschließende weitere Versorgung in der medizinischen Rehabilitation oder therapeutischen Wohngruppe. Im Hinblick auf die steigende Zahl psychischer Störungen im Kinder- und Jugendalter ist der Ausbau dieses Angebots und zusätzlicher Beratungsstellen unerlässlich“, fordert Reutner.

Der Verband fordert vom Land den Einstieg in eine Regelfinanzierung sowie die Beteiligung der Krankenkassen durch eine Pauschalfinanzierung bei Suizidberatungsangeboten. Aktuell basiere die Finanzierung der Suizidberatungsstellen auf Freiwilligkeitsleistungen des Landes und den regionalen Stadt- und Landkreisen. „Diese Unsicherheit bei der Finanzierung muss ein Ende haben. Schließlich hängt das Leben einzelner junger Menschen davon ab. Denn das Suizidrisiko nach einem gescheiterten Versuch ist signifikant hoch“, so Reutner weiter. 

„Bei Kindern und Jugendlichen spielen vor allem die sozialen Medien eine wichtige Rolle - im positiven wie im negativen Sinne“, erklärt Stephanie Hamann, Sozialpädagogin beim Arbeitskreis Leben in Tübingen. „Auf der einen Seite setzen sie sich selbst kritisch mit dem Thema auseinander, nutzen sie aber auf der anderen Seite auch als Plattform, um eigene Fotos und Videos von Verletzungen und Suizidversuchen einzustellen“, so Hamann. „Deshalb gehen wir vor allem an Schulen, um dort Präventionsarbeit zu leisten“.

Hintergrundinformationen:

Die Zahl der Selbsttötungen in Baden-Württemberg ist seit Jahren auf einem gleichbleibenden Niveau. Im Jahre 2017 lag die Zahl der Selbsttötungen in Baden-Württemberg bei 1.331 Fällen, davon 1.031 Männer und 318 Frauen. Die Zahl der Selbsttötungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 30 in Baden-Württemberg lag im Jahr 2016 bei knapp 140 Fällen und ist in Deutschland die zweithäufigste Todesursache in dieser Altersgruppe (Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg).

Die aktuelle Versorgungssituation in Baden-Württemberg für (schwer) psychisch kranke Kinder und Jugendliche ist vor allem im Rahmen von vollstationären / teilstationären Behandlungsplätzen und speziellen therapeutischen Wohngruppenplätzen unzureichend und führt zu Versorgungslücken. Aktuell verfügt Baden-Württemberg (Stand April 2019) über 664 vollstationäre Plätze und 383 teil- bzw. tagesklinische Plätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eine Entlastung der Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie durch niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater*innen ist nicht in allen Regionen Baden-Württembergs aufgrund des unterschiedlichen Versorgungsgrades gewährleistet. Der Versorgungsgrad mit niedergelassenen Ärzten schwankt zwischen 49 Prozent im Bereich Nordschwarzwald und knapp 195 Prozent im südlichen Oberrhein.

Weiterer Pressekontakt: Arbeitskreis Leben Tübingen, Diplom-Pädagogin Stephanie Hamann,  Tel. 07071-922 10 , E-Mail: stephanie.hamann@ak-leben.de, www.akl-krisenberatung.de

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