Mehrwert interkultureller Öffnung in der Altenhilfe

Diversitätsmerkmale erkennen und in die pflegerische Versorgung einbeziehen

Forderungen nach kultursensibler Pflege und einer interkulturellen Öffnung der Altenhilfe sind nicht neu. Bereits Anfang der 1990er-Jahre gab es erste Arbeitsansätze und Konzepte in der offenen und stationären Altenhilfe. Auch Prognosen über eine deutliche Zunahme der Anzahl älterer Migrant*innen waren damals bereits bekannt.

Die meisten Konzepte der kultursensiblen Pflege oder der interkulturellen Öffnung von Einrichtungen und Diensten nehmen nur die Nutzer*innen von Angeboten der Altenhilfe in den Blick und konzentrieren sich auch heute noch hauptsächlich auf die Religionszugehörigkeit von Menschen oder die vermeintlich einheitliche und spezifische Kultur von Personen aus bestimmten Herkunftsländern.

Differenziertere Betrachtungsweise

Kultur ist jedoch keine menschliche Eigenschaft, die man mit der Zugehörigkeit zu einer Kultur erwirbt. Merkmale wie zum Beispiel Migrationserfahrung, kulturelle Herkunft, Religion oder auch sexuelle Orientierung und Identität prä- gen Menschen ein Leben lang. Eine zunehmende Vielfalt an Biografien, Lebensstilen und Bedürfnissen erfordert eine differenziertere Betrachtung und sensible Wahrnehmung von sozialen, ethno-kulturellen und persönlichen Lebenswirklichkeiten. Hierbei richtet sich der Blick neben den potenziellen Kund*innen zunehmend auch auf die Mitarbeitenden in den Einrichtungen und Diensten. Im Hinblick auf die Öffnung von Einrichtungen und Angeboten der Altenhilfe für eine vielfältige Gesellschaft ist es notwendig, bereits vorhandene Konzepte interkultureller Öffnung so umzugestalten, dass sie eine Sensibilisierung und Öffnung für Menschen mit unterschiedlichen Diversitätsmerkmalen erreichen.

Heterogenität von Senior*innen mit Migrationshintergrund

Vielfalt als Ressource

Pflegebedürftige „als Vielfalt erkennen, respektieren und als Ressource wertschätzen“ zu lernen, betrifft insbesondere Pflegeeinrichtungen und die dort tätigen Mitarbeiter*innen. Während die Wahrnehmung und Anerkennung von Pflegenden in ihrer Vielfalt als Ressource vor allem Aufgabe der Pflegeeinrichtungen und ihren leitenden Mitarbeiter*innen ist. Hierzu gehört auch, die eigene Wahrnehmung und den Umgang mit Verschiedenheit selbstkritisch zu hinterfragen und einen Anspruch auf strukturelle Veränderung zu erheben.

Kultursensible Pflege und interkulturelle Öffnung, im Sinne eines dauerhaften Organisations- und Personalentwicklungsprozesses, tragen zur Erweiterung der internen und externen Ressourcen der Einrichtung sowie zur Weiterentwicklung der Kompetenzen von Mitarbeitenden bei. Beide Ansätze können eine konzeptionelle und qualitative Entwicklung der Einrichtungsarbeit anregen und die Kreativität und Motivation bei den Mitarbeitenden fördern. Hierdurch entstehen erweiterte Handlungskompetenzen und Lösungsoptionen in der Pflege selbst und wirken sich darüber hinaus positiv auf die Gestaltung der Kooperationsstrukturen und Vernetzungsarbeit im Sozialraum aus.

Differenzierung der Angebote

Eine offene und differenzierte Betrachtungsweise fördert die Flexibilisierung der Strukturen und die Differenzierung der Angebote der Einrichtung und trägt damit zu ihrer Zukunftsfähigkeit, sowohl im Hinblick auf die zu versorgenden Personen als auch auf die Mitarbeitenden bei. Sie fördern Gerechtigkeit und Teilhabe für alle und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung einer vielfältigen Gesellschaft.

Beitrag aus PARITÄTinform 3/2021
Foto: Adobe Stock

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