Zunehmende Armut wird überall sichtbar | KV Reutlingen

Fachinformation - geschrieben am 18.10.2022 - 17:26

Am 14. Oktober veranstaltete der Paritätische Kreisverband Reutlingen zum dritten Mal „Pari trifft... Kommunalpolitik“ in der Citykirche. Das Format bietet immer drei paritätischen Mitgliedsorganisationen die Gelegenheit, jeweils eine halbe Stunde lang Arbeitsbereiche vorzustellen und mit der Kommunalpolitik zu diskutieren, wo Erfolge sichtbar werden und wo der Schuh drückt. Der Einladung folgten die neun Mandatsträger*innen Paul Rasch (WiR, Jugendhilfeausschuss), Kurt Gugel (FWV, Gemeinderat), Rebecca Hummel (SPD, Kreisrätin), Silke Bayer (SPD, Gemeinderätin), Dr. Karsten Amann (Die Grünen, Kreis- und Gemeinderat), Rainer Buck (Die Grünen, Kreisrat), Katharina Ernst (Die Grünen, Gemeinderätin), Carola Rau (Linke Liste, Gemeinderätin), Gabriele Gaiser (CDU, Kreis- und Gemeinderätin). Moderiert wurde der Abend von Kreisvorstand Dr. Wolfgang Grulke.

Den Beginn machte Galina Lerner als Vorsitzende des Vereins Bildung in Migrant*innenhand e.V. (BiM). In den rund 20 Jahren Vereinsarbeit gab es noch nie eine so prekäre Situation wie aktuell die Arbeit mit Geflüchteten aus der Ukraine – vor allem Frauen mit Kindern. Die Engagierten im Verein bringen vielfältige kulturelle Hintergründe mit und alle kämpfen mit und für diese derzeit schwächste Gruppe, was durch zahlreiche Spenden in Reutlingen unterstützt wird. Der Verein finanziert sich im Weiteren über verschiedene Projektförderungen, allerdings laufen alle Projektfinanzierungen zum Jahresende aus und damit sind die Arbeitsplätze der Mitarbeiter*innen gefährdet. Frau Lerner bat um strukturelle Unterstützung, auch hinsichtlich der explodierenden Nebenkosten. Die Politiker*innen würdigten die Arbeit des Vereins, der viel für die Integrationsarbeit in Reutlingen und für die Hilfe für Geflüchtete leistet.

In der zweiten Runde schilderte Reiner Weik die Situation im Arbeitsbereich Straffälligenhilfe der Hilfe zur Selbsthilfe gGmbH. Dort ist insbesondere der Jugendbereich wichtig, in dem die Mitarbeiter*innen auf Anfrage meist aus Vollzuganstalten straffällig gewordenen Jugendlichen verschiedene Maßnahmen, Projekte und Unterstützungsleistungen anbieten. Frau Rau lobte die Angebote und betonte, dass in Begleitung verbesserte Lebenswege sichtbar werden. Herr Weik würde die verbesserte Kommunikation durch eine größere Nähe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Hilfeangeboten wie im Haus des Jugendrechts in Stuttgart sehr begrüßen. Er machte aber auch darauf aufmerksam, wie problematisch die Wohnungssuche für Jugendliche und Erwachsene nach Maßnahmen ist, was den Wohnraum in Projekten für Nachrückende blockiert. Hier erhofft er sich mehr Unterstützung von der Politik, die versprach, dass das Thema dringend auf die Agenda muss.

Abschließend stellte Regina Groth das Arbeisfeld Schulsozialarbeit bei Pro Juventa gGmbH vor. Sie beschreibt die Schulsozialarbeit als „eierlegende Wollmilchsau“ mit vielen Aufgaben, weshalb oft die Zeit für Beziehungsarbeit fehlt. Die Schulsozialarbeit braucht Unterstützung, um Jugendliche gut unterstützen zu können. Die Zunahme von Armut wird auch an Schulen sichtbar und die Coronazeit war hart für die Kinder. Seit einiger Zeit fährt die Schulsozialarbeit auf Verschleiß und es wird schwieriger, die Kolleg*innen zu halten. Gegen Kürzungsängste wurde der Politik vorgeschlagen, dass sich Stellenschlüssel nur nach oben, nicht aber nach unten entwickeln könnten. Frau Groth betonte zum Schluss nocheinmal, wie wichtig das Angebot von Schulsozialarbeit für die Jugendlichen ist: neben Präventionsangeboten können Hilfeleistungen frühzeitig und niederschwellig erbracht werden, was deutlich höhere gesellschaftliche und individuelle Folgekosten zu vermeiden hilft.

Die Politiker*innen erhielten viele direkte Einblicke in die Arbeitsfelder und erfuhren von erfolgreichen Maßnahmen, aber auch von Problemstellungen in der Alltagspraxis der Einrichtungen. Etwas verwundert zeigten sich einige Räte, dass sie trotz ihrer langjährigen Zugehörigkeit noch in keinem Ausschuss etwas von der Straffälligenhilfe gehört haben. Diese Lücke konnte somit geschlossen werden und die Mandatsträger*innen freuen sich schon auf die nächste Einladung. //akg

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