Sozialgericht Nürnberg: Pauschale Bezahlkarte ist rechtswidrig

Fachinformation - geschrieben am 09.08.2024 - 23:11

Das Sozialgericht Nürnberg hat in einem Beschluss vom 30. Juli 2024 (S 11 AY 15/24 ER) entschieden, dass die Ausgabe einer (restriktiven) Bezahlkarte ohne Ermessensausübung und ohne Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls rechtswidrig ist. Daher hat es angeordnet, dass das Sozialamt vorläufig wieder in voller Höhe aufs Konto überweisen muss.

Die wesentlichen Argumente des Gerichts:

  • Für die Umstellung auf eine Bezahlkarte ist ein Verwaltungsakt mit vorheriger Anhörung erforderlich, gegen den dann auch Rechtsmittel möglich sind.
  • Hierfür muss das Sozialamt Ermessen ausüben und die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen.
  • Eine pauschale Begrenzung des Bargeldbetrags auf 50 Euro ist unzulässig, auch hierfür müsste Ermessen ausgeübt und der jeweilige Einzelfall geprüft werden.
  • Eine Bezahlkarte bedeutet eine erhebliche Einschränkung (eingeschränkter Bargeldanteil, Ausschluss von Online-Käufen, Käufe per Überweisung oder Rechnung nur nach Freigabe durch das Sozialamt). Es ist möglich, dass damit das Existenzminimum nicht gesichert ist.

In einer weiteren Eilentscheidung hat das Sozialgericht Nürnberg die Bezahlkarte vorläufig für unzulässig erklärt (SG Nürnberg, Beschluss vom 30. Juli 2024; S 11 AY 18/24 ER). Auch in diesem Verfahren hat das SG – ähnlich wie in der Entscheidung S 11 AY 15/24 ER – festgestellt, dass für das „Ob“ und „Wie“ der Bezahlkarte ein Verwaltungsakt unter Ausübung von Ermessen und Berücksichtigung des Einzelfalls erforderlich ist.

Zwar erteilt das Gericht in seiner Urteilsbegründung der Idee der Bezahlkarte nicht grundsätzlich eine Absage. Es störte sich aber im konkreten Fall an der fehlenden individuellen Prüfung und stellte hier hohe Anforderungen. So müssen die Behörden nach der Vorstellung des Gerichts in jedem einzelnen Fall entscheiden, ob eine Bezahlkarte sinnvoll und angemessen ist. Dafür müssten auch die Betroffenen gehört werden. 

Quelle: GGUA

In unserem letzten Newsletter aus dem Referat Migration hatten wir über die Bundesgesetzliche Regelung zur Einführung von Bezahlkarten berichtet. Siehe dazu https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/bundesgesetzliche-regelung-zur-einfuehrung-von-bezahlkarten-verabschiedet/

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