Schutzkonzepte und Kinderrechte in Pflegefamilien

Fachinformation - geschrieben am 16.09.2024 - 17:01
ein organener Regenschirm, der von farbigen Papierflieger beschossen wird

Ein Prozess gemeinsamer Gestaltung unter Einbeziehung von Kindern und Pflegepersonen

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), ein guter Titel für neue gesetzliche Anforderungen auch in der Pflegekinderhilfe, dessen Name den Weg schon weist: Kinderrechte und die Partizipation von jungen Menschen stehen im Fokus und sollen handlungsleitend sein.

Dies gilt auch für die Entwicklung von Schutzkonzepten in Pflegefamilien: § 37b SGB VIII fordert die Entwicklung von Schutzkonzepten unter Einbeziehung von Kindern und Pflegepersonen an der konkreten Ausgestaltung. Die Jugendämter sind aufgefordert, dies sicherzustellen. Für den Bereich der Pflegefamilien der pro juventa gGmbH in Reutlingen, Träger von Sozialpädagogischen Pflegestellen (§ 33 Satz 2 SGB VIII) und Bereitschaftspflege, bedeutet dies, das Thema in enger Abstimmung mit den Jugendämtern zu bearbeiten.

Sensibilisierung für das Thema, Haltungen entwickeln und Ängste ernst nehmen

Auf dieser Basis sind wir seit Sommer 2022 dabei, Schutzkonzepte und Kinderrechte in unserem Bereich der Pflegestellen umzusetzen. Im Oktober 2022 fand im Rahmen eines großen Fachtages zum Thema Schutz und Kinderrechte die Auftaktveranstaltung für alle Pflegefamilien, Pflegeeltern wie Pflegekinder statt. Alle waren beteiligt, alle haben an den Themen gearbeitet. Wichtigste Anliegen waren die Sensibilisierung für das Thema, Haltungen entwickeln und Ängste ernstnehmen.

Die Kinder haben im Rahmen von theaterpädagogischen Workshops ihr Thema Kinderrechte lebendig gemacht. Am Schluss des Tages haben die Eltern ihre Ergebnisse den Kindern vorgestellt und die Kinder ihre Ergebnisse auf die Bühne gebracht. Das war eindrucksvoll und ein tolles Gemeinschaftsergebnis. Es galt Widersprüche und Komplexität aus- zuhalten. Fragen kamen auf wie: Als Pflegefamilien sind wir doch Teil des Schutzes der Kinder, müssen wir uns in Zukunft noch mehr rechtfertigen? Wer schützt denn uns? Die Kinder werden in ihren Rechten gestärkt, macht das den Umgang mit schwierigen Kindern womöglich noch schwieriger?

Schutzkonzepte entwickeln

Der erste Schritt war getan. Gemeinsam heißt es nun individuelle Schutzkonzepte zu erarbeiten. Es geht bei den Schutzkonzepten vor allem um ein sorgfältiges Beschreiben der Situation des Kindes in der Familie und in seinem Umfeld: Welches sind die Ressourcen? Wo liegen mögliche Gefährdungsfaktoren?

Für die Pflegefamilien gilt: Nur wer sich selbst sicher und geschützt fühlt, kann Schutz geben. Dies fordert insbesondere die begleitenden Fachkräfte und die Infrastruktur der Pflegekinderhilfe heraus!

Die Entwicklung von Schutzkonzepten in Pflegefamilien ist ein konkreter Prozess der gemeinsamen Gestaltung, der nie abgeschlossen sein wird.

Ich fühle mich sicher, wenn wir durch ein sicheres, zuverlässiges, von Offenheit geprägtes, professionelles Netzwerk getragen werden. Das gibt mir Schutz und ich kann Verantwortung teilen, sie würde mich sonst erdrücken. Durch mein funktionierendes Netzwerk aus Beratung, Vormundschaft, Ämtern, Schule und Therapeuten bin ich immer wieder frei, Neues zu denken. Ich habe mehr Kraft, wenn man Dinge gemeinsam trägt.

  • Theresia Hipp, seit 1996 Sozialpädagogische Pflegestelle

 

Claudia Gerling

Bereichskoordination Sozialpädagogische Pflegestellen

pro juventa gemeinnützige Jugendhilfegesellschaft mbH Reutlingen

 

Beitrag aus ParitätInform 3/2024

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