2. landesweiter Fachtag Armut und Teilhabe Baden-Württemberg im Stuttgarter Hospitalhof, ausgerichtet vom Sozialministerium Baden-Württemberg und der Familienforschung des Statistischen Landesamtes
Ist der Titel "HEISS HIER." zwar als Hinweis auf Maßnahmen zum Umgang mit hohen Temperaturen gedacht, so zeigt er dennoch auch die Brisanz des Umstandes von Armut in Deutschland auf. Armut als ungelöstes Problem. Armut als Analogie zu schwer zu ertragender Hitze - sie ist hier, sie ist meist unsichtbar, sie betrifft uns alle, jedoch bekommen die Auswirkungen nur Teile unserer Gesellschaft unmittelbar zu spüren.
Der Fachtag am 03.07.2024 war und ist ein wichtiger Schritt und relevantes Austauschformat im Sinne der Armutsbekämpfungsmaßnahmen und -politik des Landes.
Sowohl die Perspektiven von Vertreter*innen aus Politik, Verbänden, vor allem auch von Armutserfahrenen Menschen wurden mit den Interessierten geteilt und auch gehört. Neben inspirierenden Beiträgen und Impulsen auf der Bühne, sowie Ergebnissen der modularen Armutsberichtserstattung, fand im Weiteren der Austausch an Thementischen und in vier Workshops statt. Mit der Erfahrung zum Thema „Wirkungen von Armuts(folgen)prävention sichtbar machen“ im Rahmen des vom Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Landes geförderten Projektes SILKYplus war Sabine Wild vor Ort und teilte mit den Teilnehmenden ihre Erfahrungswerte und Erkenntnisse zur Wirkungsmessung und -kommunikation.
In Einigkeit über die Richtigkeit und Wichtigkeit sozialer Arbeit, zeigte sich bei Podiumsdiskussionen, aber auch im bilateralen Gespräch, die Irritation über die Haushaltskürzungen und damit verbundenen Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie. Investitionen in soziale Arbeit, sind immer als Investitionen in unser aller lebenswerte und gelungene Zukunft zu verstehen.
Für die, die in Armut leben müssen oder von ihr bedroht sind bedeutet dies mangelnde Chancengleichheit, Scham, Stigma, eingeschränkte Freiheit, Risiken für die Gesundheit und soziale Ausgrenzung. Dies unterstrich auch Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse in seiner Key-Note zum Thema "Wenn Armut untergeht - Gerechtigkeit in der entrüsteten Republik".
Einen Einblick gewährte das Team der FaFo auch in den aktuellsten GesellschaftsReport zu "Sozialer Isolation und Einsamkeit armutsgefährdeter Menschen in Baden-Württemberg". Ein besonderes Augenmerk lag hierbei neben aktuellen Daten auf den Themen Armut & Wohnen, sowie Soziale Isolation & Einsamkeit.
Zukünftig soll jährlich ein landesweiter Fachtag Armut und Teilhabe stattfinden. Ziel ist es, Ergebnisse der modularen Armutsberichterstattung (siehe Link) vorzustellen und zu diskutieren, Fachpraxis und Betroffene einzubeziehen und inhaltliche Impulse zu geben.
Weitere Einblicke und auch Perspektiven des diesjährigen Fachtags finden Sie im Folgenden.
„Ich bin empört darüber und hätte noch vor einigen Jahren nicht daran geglaubt, dass wir heute den Sozialstaat in Frage stellen.“
Über Armut - als abweichende Zugehörigkeit
„Armut ist eine abweichende Zugehörigkeit. Man gehört dazu ohne dazuzugehören. Man gehört gerade dadurch dazu, dass man nicht dazugehört. Der Mensch wird auf seine Armut reduziert- mit dem Resultat weniger Chancen, Freiheit, Rechte, und Teilhabe.“
„Wir leben in einer Zeit großer Entrüstung im gesellschaftlichen Diskurs, ohne dass uns dabei ein echter Austausch gelingt. Es gilt mehr denn je zu lernen einander zuzuhören – mehr miteinander statt übereinander zu sprechen – und sichere Sozialräume - Arenen - zu schaffen, in denen Begegnung und Austausch auf Augenhöhen wirklich möglich sind.“
"Als Zentrale Erkenntnis aus dem Workshop Demokratie unter Druck? Armut und politische Teilhabe lässt sich sagen, dass der deutliche Verlust an Vertrauen in unsere politischen Institutionen in den letzten Jahrzehnten aus einem Mangel an Teilhabe, Beteiligung und Einbeziehung aller Menschen in Deutschland, unabhängig von Einkommen und Vermögen resultiert.“
„Soziale Arbeit wirkt! – Die Bedeutung und Wirkung sozialer Arbeit wird Politik und Gesellschaft genau dann am stärksten bewusst, wenn sie gebraucht wird, jedoch nicht mehr verfügbar ist.“
"Jedes Mal, wenn die Lichter ausgehen, konnte ich für einen Augenblick meinen Traum leben. Armut heißt nicht gleich, dass du Hunger hast. Armut heißt, dass du´s nur immer viel schwerer hast."