PARITÄT im Dialog… mit Landespolitik | Regionalverbund Neckar-Alb

Fachinformation - geschrieben am 05.07.2022 - 09:01

Armut abschaffen!

Am 4. Juli 2022 fand erstmals ein Austausch des PARITÄTISCHEN Regionalverbundes Neckar-Alb mit Mitgliedern des Landtags Baden-Württemberg statt. Neben vier Kreisvorständen und drei Vertreterinnen aus Mitgliedsorganisationen (BIM – Bildung in Migrant*innenhand, KBF – Interdisziplinäre Frühförderstelle, Hilfe zur Selbsthilfe gGmbH) nahmen die Landtagsabgeordneten Rudi Fischer (FDP), Manuel Hailfinger (CDU) und Thomas Poreski (Grüne) teil. Thema des Austauschs war „Armut abschaffen!“.

Mit Bezug zum aktuellen PARITÄTISCHEN Armutsbericht 2022 wurden zentrale Aspekte von Armut und Armutslagen in ihren bundes- und landesweiten Entwicklungstendenzen, aber auch in ihren Ausprägungen in der Region diskutiert. Kreisvorstand Wolfgang Grulke aus Reutlingen stellte zu Beginn fest, „gegen Armut hilft Geld.“ Die Debatte konzentrierte sich dann stark auf Kinderarmut und die Wichtigkeit früher Hilfen und früher Förderung. Matthias Hamberger, Kreisvorsitzender in Tübingen, zitierte aus einer Studie, dass Menschen, die in Armut leben, 22-mal anfälliger sind für weitere soziale Leistungen. Das müsse zu denken geben im Hinblick auf eine Finanzierungspolitik, die nachlaufend in Projektarbeit investiert, statt frühe Hilfen über Regelfinanzierung abzusichern. Sandra Zitzler von der KBF ergänzte, dass Kinder mit Behinderung mangels Personal und damit Fördermöglichkeiten aus dem Regelsystem ausgeschlossen sind, was dem Inklusionsanspruch entgegensteht.

Die drei Landespolitiker waren sich einig, dass Armut, insbesondere Kinderarmut ein großes Problem ist und dringend verringert werden muss. Manuel Hailfinger (CDU) sah angesichts der Teuerung noch einiges auf uns zu kommen, Rudi Fischer (FDP) wollte wissen, wieviel Geld im sozialen Bereich benötigt wird und Thomas Poreski (Grüne) versprach den weiteren flächendeckenden Ausbau von Präventionsnetzwerken im Land sowie die Einführung der Kindergrundsicherung 2023 auf Bundesebene.

Wichtiger Punkt war anschließend die Fachkräftegewinnung. Um den Beruf attraktiv zu machen und zu halten, forderte Katrin Jodeleit (Kreisvorstand Tübingen) mehr Zeit für Leitungsaufgaben und für Ausbildungsbegleitung. Um den Rechtsanspruch auf Betreuung in den Kommunen zu erfüllen, wird gerade das Personal verheizt. Matthias Hamberger pflichtete dem bei, weil mangels Berücksichtigung der Begleitung in den Entgeltberechnungen die Ausbildung neuer Fachkräfte schlicht nicht möglich ist – hier kann das Land an infrastrukturellen Stellschrauben drehen. Frau Stemmer (Hilfe zur Selbsthilfe) stellte dazu fest, dass mit der Finanzierungslogik ein fragwürdiges gesellschaftliches Bild von „Sozialer Arbeit auf Misstrauensbasis“ gezeichnet wird. Dabei versteht sich der PARITÄTISCHE als Sozialpartner der Politik, um nicht nur auf bürokratische Hürden und strukturelle Defizite aufmerksam zu machen, sondern vor allem, um an Lösungen im Sinne der Zielgruppen mitzuwirken. Soziale Arbeit kostet nicht nur Geld, sie „hält auch den Laden zusammen“, betonte Wolfgang Grulke abschließend.

Mit der Dialogveranstaltung konnten sicher nicht alle im Raum stehenden Fragen beantwortet oder gar „Armut abgeschafft“ werden. Die Landespolitiker nahmen aber viele Anregungen und Eindrücke aus der Region Neckar-Alb mit und wünschten sich wie die anderen Teilnehmenden eine Fortsetzung des Dialogs, der künftig jährlich wiederholt werden soll.

05.07.22 | AKG

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