Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder nach §

Fachinformation - geschrieben am 11.08.2021 - 16:48

Update vom 09.12.2022

Am 29.11.2022 fand die Veranstaltung des Paritätischen "Grundlagen des Gemeinnützigkeitsrechts im Lichte der Gemeinnützigkeitsreform des Jahressteuergesetzes 2020"  statt.  Die Präsentation finden Sie unten.

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Update vom 20.07.2022

Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder nach § 4 Nr. 29 UStG

BMF Schreiben vom 19. Juli 2022 zu den Anforderungen für eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 29 UStG

Zum 1.1.2020 wurde § 4 Nr. 29 UStG durch das Jahressteuergesetz 2019 neu eingeführt. Das Bundesministerium der Finanzen hatte im Dezember 2021 einen Entwurf eines Einführungsschreibens zu dieser Neuregelung zur Stellungnahme an die Verbände gegeben. Die BAGFW hatte eine Stellungnahme abgegeben und die Regelungen grundsätzlich begrüßt, aber auf die zu enge Auslegung des Begriffs der „Unmittelbarkeit“ hingewiesen. Hierüber hatten wir mit einer Fachinfo vom 23.12.2021 informiert.

Das BMF hat unsere Anregungen leider nicht aufgenommen und eine endgültige Fassung des Einführungsschreibens mit Schreiben vom 19. Juli 2022 veröffentlicht.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 29 UStG beruht auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe f der MwStSyStRL. Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten von selbständigen Personenzusammenschlüssen erbrachte Dienstleistungen, wenn sie unmittelbar zur Ausübung von Tätigkeiten beitragen, die dem Gemeinwohl dienen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Bei einem Personenzusammenschluss handelt es sich grundsätzlich um einen Zusammenschluss mehrerer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Ziels. Bei dem Personenzusammenschluss muss es sich um einen eigenständigen (selbständigen) Steuerpflichtigen handeln.

Die von einem Personenzusammenschluss an das jeweilige Mitglied erbrachte sonstige Leistung muss beim Mitglied zur Ausführung der begünstigten Zwecke unmittelbar verwendet werden. Als Beispiele werden u.a. der Betrieb und die Betreuung für eine IT-Infrastruktur genannt, einschließlich der Leistungen zum Zwecke von IT-Sicherheit und des Datenschutzes. Nicht befreit sind hingegen allgemeine Verwaltungsleistungen, weil diese den Zwecken nicht unmittelbar dienen, sondern nur mittelbar fördern.

Die Regelungen gelten rückwirkend ab dem 1.1.2020.

Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem beigefügten BMF Schreiben.

Dokumente zum Download

Einführungsschreiben zur Befreiung der Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder, § 4 Nr. 29 UStG (79 KB)

(Quelle: Fachinformation des Gesamtverbandes vom 20.07.2022, Verfasserin Erika Koglin.)

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Update vom 09.02.2022

Mitteilung des Gesamtverbandes zur Änderung des Anwendungserlasses zur AEAO

Über die Änderung des AEAO wurde bereits mit Fachinfo vom 01.02.2022 informiert. Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 12.1.2022, veröffentlicht am 27.1.2022, Änderungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) bekannt gegeben.

Die wesentlichen Änderungen betreffen die Ausführungen der Finanzverwaltung zu den politischen Betätigungen von gemeinnützigen Organisationen.

Der AEAO zu § 52 Nr. 16 wird wie folgt gefasst: „Politische Zwecke zählen nicht zu den gemeinnützigen Zwecken iSd § 52 AO.“ Im AEAO wird weiter ausgeführt, dass es gemeinnützigkeitsrechtlich erlaubt ist, auf die politische Meinungs- und Willensbildung und die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss zu nehmen, wenn dies der Verfolgung ihrer steuerbegünstigten Zwecke dient und parteipolitisch neutral bleibt. Es heißt: „Unschädlich sind danach etwa die Einbringung von Fachwissen auf Aufforderung in parlamentarische Verfahren oder gelegentliche Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen im Rahmen der steuerbegünstigten Satzungszwecke. Eine derart dienende und damit ergänzende Einwirkung muss aber gegenüber der unmittelbaren Förderung des steuerbegünstigten Zwecks in den Hintergrund treten. Bei Verfolgung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke darf die Tagespolitik nicht im Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft stehen.“

Klargestellt wurde ausdrücklich, dass die vereinzelte Stellungnahme zu tagespolitischen Themen außerhalb der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke nicht zu beanstanden ist.

Ferner wurde in AEAO zu § 52 Nr. 9 aufgenommen, dass politische Bildung in geistiger Offenheit zu erfolgen habe und dann „nicht förderbar ist, wenn sie eingesetzt wird, um die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen, z.B. durch einseitige Agitation oder unkritische Indoktrination.“

Eingefügt wurden im AEAO zu § 55 Nr. 25 Ausführungen zu überhöhten Vergütungen an Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft.

Bei den Ausführungen zu Kooperationen bleibt die Finanzverwaltung bei ihrer bislang vertretenen Auffassung, dass für ein planmäßiges Zusammenwirkungen ein sog. „doppeltes Satzungserfordernis“ nötig, also in den jeweiligen Satzungen beider Kooperationspartner die Kooperation abgebildet sein muss. Allerdings reicht es bei mehreren Kooperationspartnern aus, wenn diese „bei Kooperationen innerhalb eines Konzern- oder Unternehmensverbundes durch Bezeichnung des Konzerns oder des Unternehmensverbunds konkret nachvollziehbar sind“. Eine namentliche Benennung soll jedoch weiterhin aus einer Aufstellung nötig sein, die der Finanzverwaltung bei Beginn der Kooperation vorzulegen ist.

Des Weiteren wird zu § 63 AEAO eine Nr. 6 eingefügt, wonach „geringfügige Verstöße, beispielsweise gegen das Mittelverwendungsverbot des § 55 AO, nicht den Entzug der Gemeinnützigkeit rechtfertigen.“

Der AEAO zu § 68 Nr. 7 Inklusionsbetrieben wird neu gefasst und stellt klar, dass der Umfang eines Inklusionsbetriebs sich nach der sozialrechtlichen Einordnung richtet. Klargestellt wird, dass für die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb es einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 % der genannten Personengruppen bedarf.

Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem beigefügten BMF-Schreiben.

 

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Update vom 1. Februar 2022

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Das BMF-Schreiben mit den Änderungen der AEAO finden Sie unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/nl/56e23ad2-32f9-4841-a019-62146e7bcff2https://www.bundesfinanzministerium.de/nl/56e23ad2-32f9-4841-a019-62146e7bcff2

Bisher umfasste das planmäßige Zusammenwirken laut AEAO ausdrücklich nur Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen. Nunmehr ist in der Nr. 5 des AEAO zu § 57 Abs. 3 AO konkretisiert, dass davon auch Warenlieferungen umfasst werden. Dies könnte insbesondere für Medikamentenlieferungen und zentrale Beschaffungsstellen von entscheidender Bedeutung sein. Alle Lieferungen von diesen Einrichtungen an andere Körperschaften, mit denen planmäßig zusammengewirkt wird, können damit dem ertragsteuerfreien Zweckbetrieb zugeordnet werden.

Auch in Bezug auf die seitens der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 6. August 2021 zunächst verlangte, konkrete namentliche Nennung der Kooperationspartner in Satzungen und Gesellschaftsverträgen ergeben sich Erleichterungen (Nr. 8 des AEAO zu § 57 Abs. 3 AO). Nunmehr ist es nicht mehr in jedem Fall erforderlich, dass jede Körperschaft einzeln in Satzung und Gesellschaftsvertrag genannt wird. Es reicht zukünftig aus, wenn lediglich die Bezeichnung eines Konzerns oder Unternehmensverbundes (ohne konkrete Benennung der einzelnen Rechtsträger) angegeben ist. Bei Beginn der Kooperation bzw. bei einer Änderung der Kooperationspartner ist jedoch dem Finanzamt eine Aufstellung mit den einzelnen Kooperationspartnern zusätzlich einzureichen. Ferner wird klargestellt, dass sich eine Körperschaft, die bereits seitens der Finanzverwaltung als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt ist, vor der zivilrechtlichen Wirksamkeit (Registereintragung), nämlich bereits ab dem Zeitpunkt des Organbeschlusses, auf die Zuordnung der von ihr erbrachten Leistungen zum Zweckbetrieb berufen kann. Bei Körperschaften, die nur aufgrund einer Kooperation im Sinne des § 57 Abs. 3 AO die Steuerbegünstigung erlangen können (wie z.B. Servicegesellschaften) muss die zivilrechtliche Wirksamkeit (Registereintragung) demgegenüber schon zum Beginn des jeweiligen Veranlagungszeitraumes vorliegen (vgl. § 60 Abs. 2 AO). Weiterhin unverändert in der Satzung bzw. in dem Gesellschaftsvertrag anzugeben ist die Art und Weise der Leistungserbringung bzw. der plan-mäßigen Kooperation.

Die neuen Mittelweiterleitungsmöglichkeiten im Sinne des § 58 Nr. 1 AO umfassen nunmehr neben den Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen ebenfalls auch Warenlie-ferungen (Nr. 1 des AEAO zu § 58 Nr. 1 AO).

Zudem wurde die aktuelle Rechtsprechung zur Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen integriert und ist somit von der Finanzverwaltung nun allgemein anwendbar. Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung auf diesen Bereich einen größeren Fokus legt als bisher. Auch die Rechtsprechung zur Auslegung des Krankenhausbegriffs (§ 67 AO) bei Leistungen eines Arztes im Rahmen seiner Nebentätigkeitserlaubnis wurden explizit in den Anwendungserlass aufgenommen.

Weitere umfangreiche Ergänzungen wurden außerdem für die steuerrechtliche Anerkennung von Inklusionsbetrieben und die damit verbundene erforderliche Quotenberechnung in den Anwendungserlass aufgenommen.
 

Weitere Änderungen finden Sie im anliegenden geänderten AEAO vom 12.01.2022.

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Überblick über die neuen Kooperationsmöglichkeiten nach dem Jahressteuergesetz 2020

Kooperationsmöglichkeiten (Neu)!

Überführung nicht steuerbegünstigter Servicegesellschaften in die Gemeinnützigkeit
Ausgliederung von Zweckbetrieben oder anderer Tätigkeiten
Kooperationen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften sowie
Fördertätigkeiten und Finanzierungen (Mittelweitergabe und Mittelverwendung)
 
Informationen zu den neuen Regelungen im Lichte des neuen AEAO finden Sie in der anliegenden Präsentation zu §§ 57 Abs. 3 und Abs. 4 AO sowie zu § 58 AO.

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Update vom 13.09.2021

Kooperationen nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung

Die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände hatten sich mit Schreiben vom 2.9.2021 an den Staatssekretär im Bundesfinanzministerium gewandt, um auf Probleme im neuen AEAO bei Kooperationen hinzuweisen.

Mit Schreiben vom 16.9.2021 hat das Bundesministerium der Finanzen geantwortet. Insbesondere auf unsere Fragestellung nach dem Satzungserfordernis bei Kooperationen wurde eingegangen. Danach erfordert das gesetzlich gebotene "planmäßige Zusammenwirken", dass alle Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation in der Satzung bezeichnet werden müssen. Dieses Erfordernis sei auch von jeder an der Kooperation beteiligten Körperschaft zu erfüllen.

Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem anliegenden Schreiben.

(Quelle Fachinfo Gesamtverband vom 23.09.21, Verfasserin Erika Koglin).

Update vom 13.09.2021

Die in der BAGFW zusammengeschlossenen Verbände haben sich mit Schreiben vom 2.9.2021 an den Staatssekretär im Bundesfinanzministerium gewandt, um auf Probleme im neuen AEAO im Zusammenhang mit dem Jahressteuergesetz 2020 hinzuweisen.

Durch das Jahressteuergesetz 2020 ist es zu Veränderungen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 57 AO) bei Kooperationen und Holdingsstrukturen und der Neuregelung der Mittelweitergabe (§§ 58 ff. AO) gekommen. Insbesondere die Umsetzung der für die Kooperationen zwischen gemeinnützigen Körperschaften erforderlichen Satzungsregelungen sind auslegungsbedürftig und unklar. Eine namentliche Nennung von Kooperationen in der Satzung wäre unpraktikabel und ist aus unserer Sicht nicht vom Gesetzeswortlaut gedeckt. Des Weiteren bitten wir um kurzfristige Anpassung des Umsatzsteueranwendungserlasses, da die umsatzsteuerliche Umsetzung der Kooperationen bislang nicht geregelt ist.

Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem beigefügten Schreiben der BAGFW.

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Kurz vor dem letzten Jahresende brachte das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) zahlreiche Neuerungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Mit dem JStG wurde neben einer Vielzahl an Einzeländerungen insbesondere die Kooperation gemeinnütziger Körperschaften neu geregelt. Wir haben mit Fachinformation vom 27.02.2021 (https://paritaet-bw.de/leistungen-services/fachinformationen/jahressteuergesetz-2020) darüber informiert. Mit Spannung wurde der neue AEAO erwartet, da man auf eine weitreichende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts hoffen durfte. Mit BMF-Schreiben vom 06.08.2021 liegt nunmehr der überarbeiteten AEAO vor (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/AO-Anwendungserlass/2021-08-06-aenderung-des-anwendungserlasses-zur-abgabenordnung-AEAO.pdf?__blob=publicationFile&v=2) leider wurden die großen Hoffnungen teilweise enttäuscht.

Dazu im Einzelnen:

Ausnahme von der zeitnahen Mittelverwendung für „kleine“ Körperschaften

Neu durch das JSTG 2020 eingeführt wurde für „kleine“ gemeinnützige Körperschaften die Ausnahme von der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung und den daraus resultierenden Nachweispflichten. Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45 000 Euro (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO) sollten von dieser Erleichterung profitieren, die nach der Gesetzesbegründung den „Abbau bestehender Bürokratie“ dienen sollte.

Da die Finanzverwaltung nunmehr selbst Zuwendungen bei der Freigrenze berücksichtigt, die der zeitnahen Mittelverwendung gar nicht unterliegen (siehe AEAO Nr. 30 zu § 55 AO) wird das Ziel des Bürokratieabbaus nicht überzeugend verwirklicht. Einnahmen in diesem Sinne sind alle Einnahmen des ideellen Bereichs sowie alle Bruttoeinnahmen der Vermögensverwaltung und des Zweckbetriebs, wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Somit treibt bspw. jedes Vermächtnis, jede Zuwendung in das Vermögen der Körperschaft (§ 62 Abs. 3 AO), jeder einmalige kommunale Zuschuss und selbst die Auflösung von Finanzanlagen „kleine“ gemeinnützige Körperschaften wieder in die zeitnahe Verwendungspflicht. Gegen einen Bürokratieabbau spricht, dass hierdurch viele Körperschaften einem ständigen Wechsel in Sachen zeitnaher Verwendungspflicht unterworfen werden.

Wichtig: In dem Veranlagungszeitraum, in dem die Einnahmen unter der 45.000 EUR-Grenze bleiben, ist für sämtliche vorhandene Mittel die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung ausgesetzt. Bei Überschreiten dieser Grenze unterliegen die in den Jahren des Unterschreitens angesammelten und die übrigen, zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Mittel, nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (siehe AEAO Nr. 31 zu § 55 AO).

Begünstigung für Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften

Die Kooperation gemeinnütziger Körperschaften ist einer Vielzahl steuerlicher Fallstricke ausgeliefert, von der gemeinnützigkeitsrechtlich fehlenden Unmittelbarkeit bis zu ertragsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Risiken. Mit dem durch das JStG 2020 neu eingefügten § 57 Abs. 3 AO kann eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke nunmehr jedoch auch dann unmittelbar verfolgen, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.

Zusammenwirken umfasst alle Tätigkeiten, die geeignet sind, die Verwirklichung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke in Kooperation mit einer anderen Körperschaft zu erfüllen. Hierzu können neben Dienstleistungen z.B. in den Bereichen Buchführung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Recht, Steuern, IT, Personal und Controlling auch Nutzungsüberlassungen gehören. Ein planmäßiges Zusammenwirken liegt z. B. vor, wenn ein Krankenhaus eine zum Zweckbetrieb i. S. d. § 67 AO gehörende Wäscherei auf eine GmbH ausgliedert und die Wäscherei weiterhin Leistungen an das Krankenhaus erbringt.

Die Anforderung an den eigenen Beitrag einer Körperschaft besteht darin, dass sie selbst arbeitsteilig zur Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke beitragen muss. Eine bloße Vergabe von Aufträgen für ein Projekt, ohne Eigenleistung in diesem Projekt selbst, ist beispielsweise nicht ausreichend.

Eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung zwischen den Körperschaften ist nicht erforderlich.

Achtung: Die Finanzverwaltung interpretiert jedoch in die Neuregelung durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „satzungsgemäß“ hinein, dass „Die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation müssen in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden.“ (siehe AEAO Nr. 8 zu § 57 Abs. 3 AO). Diese Auslegung ist vollkommen überraschend und anhand des Gesetzestextes nicht nachvollziehbar. Die Folge ist, dass der Anwendungsbereich des § 57 Abs. 3 AO unzulässigerweise verkleinert wird. Körperschaften mit einer Vielzahl von Kooperationspartner müssten quasi ständig ihre Satzung anpassen. Dies ist vollkommen unpraktikabel.

Jede kooperierende gemeinnützige Körperschaft sollte zeitnah den möglichen Handlungsbedarf prüfen. Eine Satzungsänderung müsste dann noch bis zum Jahresende erfolgen, da die Finanzverwaltung keine Übergangsregelung hierzu vorgesehen hat. 

Ferner muss stets beachtet werden, dass durch die gemeinsamen Zweckverfolgung mehrerer Körperschaften eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen kann. Auch diese Problematik veränndert der neue § 57 Abs. 3 AO nicht.

Die gemeinnützige „Holding“ (Konzernstrukturen)

Bisher war es für den Gemeinnützigkeitsstatus einer Gesellschafterin (Holding) gemeinnütziger Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH) erforderlich - wenigstens in geringem Umfang - auch operative oder zumindest fördernde gemeinnützige Tätigkeiten zu entfalten. Ansonsten lag ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit i.S.d. § 57 AO vor.

Seit dem JStG 2020 verwirklicht eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, „wenn sie ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet.“ (§ 57 Abs. 4 AO). Wichtig: Hierzu stellt die Finanzverwaltung klar, dass der Begriff „ausschließlich“ das Halten von Anteilen an nicht gemeinnützigen Körperschaften nicht ausschließt. Zudem wird auch die Finanzierung von gemeinnützigen Beteiligungen aus zeitnah zu verwendenden Mitteln möglich, da die Beteiligung dem ideellen Bereich zugeordnet werden kann.

Soweit eine Holdinggesellschaft entgeltliche Leistungen, wie z. B. Buchführung, gegenüber den Kapitalgesellschaften ausführt, an denen sie beteiligt ist, sind diese Leistungen grundsätzlich als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren. Die Möglichkeit der steuerbegünstigten Leistungserbringung innerhalb einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO bleibt davon unberührt (siehe AEAO Nr. 15 zu § 57 Abs. 4 AO).

Mittelweitergabe und Vertrauensschutz

Mit dem JStG 2020 wurde auch die steuerunschädliche Mittelweitergabe neu geregelt. Fortan darf eine Körperschaft einer anderen Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sämtliche Mittel für die Verwicklung steuerbegünstigter Zwecke zuwenden. Die Zuwendung kann dabei in Form von Geld, aber nunmehr auch in der Erbringung von Dienstleistungen sowie der Überlassung von Wirtschaftsgütern erfolgen. Eine satzungsmäßige Regelung ist hierzu nur noch bei einer Körperschaft erforderlich, deren Tätigkeit ausschließlich auf die reine Mittelbeschaffung und -weitergabe ausgerichtet ist. Hier ist die Mittelweitergabe künftig als „Art der Zweckverwirklichung“ in der Satzung zu benennen.

Eine steuerbegünstigte Körperschaft, die einen Satzungszweck unmittelbar verfolgt und einen weiteren Satzungszweck ausschließlich durch Mittelweitergabe verwirklicht, muss sowohl die unmittelbare Zweckverfolgung als auch die Mittelweitergabe in der Satzung abbilden.

Verwirklicht hingegen eine steuerbegünstigte Körperschaft einen Zweck sowohl unmittelbar als auch durch Mittelweitergabe, ist eine Satzungsklausel zur Mittelweitergabe nicht erforderlich. Beispielsweise muss eine steuerbegünstigte Körperschaft, die satzungsmäßig den Zweck Altenhilfe unmittelbar fördert und Mittel an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zur Förderung dieses Zwecks weitergibt, die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung nicht in die Satzung aufnehmen.

Die Zwecke der hingebenden und empfangenden Körperschaft müssen im Übrigen nicht identisch sein. Das bedeutet, dass beispielsweise eine steuerbegünstigte Körperschaft, die satzungsmäßig unmittelbar nur den Zweck Altenhilfe fördert, auch Mittel an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft, die beispielsweise den Zweck Kultur fördert, weitergeben darf, ohne diesen Zweck und die Mittelweitergabe in ihre Satzung aufnehmen zu müssen (AEAO Nr. 3 zu § 58 AO).

Achtung: Die Regelung betrifft nur die gemeinnützigkeitsrechtliche Betrachtung. Zivilrechtlich kann eine Mittelweitergabe außerhalb der Zwecke Rückforderungsansprüche des Spenders auslösen bzw. Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand.

Eine steuerbegünstigte Körperschaft, deren Satzung bereits vor dem 29.12.2020 bestanden hat, braucht diese nicht allein aufgrund der neuen § 58 Nr. 1 AO zu ändern, wenn die bisherige satzungsgemäße steuerbegünstigte Tätigkeit weiterhin in gleichem Umfang durchgeführt wird (AEAO Nr. 9 zu § 60 AO). Hier bedarf es eines „Merkzettels“, dass dies bei künftigen Satzungsänderungen zu berücksichtigen ist.

Ergänzend hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 58a AO einen Vertrauensschutz für „gutgläubige“ Mittelweitergaben eingeführt. Bei Vorlage eines Freistellungsbescheids, der Anlage zum Körperschaftsteuer-Bescheid oder dem Bescheid nach § 60a AO darf die Geberkörperschaft künftig darauf vertrauen, dass die empfangende Körperschaft die Mittel gemeinnützigkeitskonform verwendet und die eigene Gemeinnützigkeit damit nicht mehr gefährdet. Die Finanzverwaltung stellt nunmehr klar, dass hierfür „eine (elektronische) Kopie“ ausreichend ist (siehe AEAO Nr. 3 zu § 58a AO).

Zusammenfassung

Im Ergebnis sind die Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) teilweise eine Enttäuschung, da die vom Gesetzgeber gewollten „Verbesserungen“ von der Finanzverwaltung durch eine viel zu enge Auslegung verhindert werden.

Präsentation zu §§ 57 Abs. 3 und Abs. 4 AO sowie zu § 58 AO.
Brief Gatzer
Brief der BAGFW wegen Unklarheiten AEAO vom 03.09.2021
Ansprechperson
AEAO vom 12.01.2022
Vortrag Gemeinnützigkeit vom 29.11.2022

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